Geposted von PENTA morpheuZ,
'Das Wechselkarusell, es dreht sich wieder!' – Diesen Spruch und die damit verbundene Empörung hören wir nicht selten in der deutschen Community. Doch neben den normalen Transfers gibt es auch den ein oder anderen größeren Coup, bei welchem Spieler aus Verträgen gekauft bzw. gelöst werden. Bislang ist dies ein sehr unklares Thema und für viele schwer einzuschätzen. Im Folgenden möchte ich einige spannende deutsche Transfers der letzten Monate näher beleuchten. Wie funktioniert ein umfangreicher Transfer? Welche Rolle spielen die einzelnen Parteien und geht dabei alles ohne Probleme über die Bühne? Die Abläufe in deutschen Profi-Teams sind komplexer, als man es sich von Außen denken kann. Neben der Freundschaft zwischen den einzelnen Spielern verbindet diese auch das große Ziel vor Augen: Erfolg auf nationaler und internationaler Ebene. Hinzu kommt eine große Portion Erfolgsdruck, gerade bei Teams mit internationalem Fokus, wie zum Beispiel mousesports oder PENTA Sports. Nach schlechter Performance oder nachlassender Entwicklung ist ein Wechsel – in den meisten Fällen auch von der Community gefordert – unausweichlich. Obwohl e-Sport schnelllebiger ist als bekannte Sportarten, bleibt es immernoch ein Geschäft – sowohl für die Spieler als auch für die Firmen und Organisationen dahinter.

Neben dem 'German Shuffle', welcher nach Abschluss einer ESL Meisterschafts Saison auftritt, folgten in diesem Jahr umfangreiche Wechsel, die großes Aufsehen erregten: Der Wechsel von Timo 'Spiidi' Richter und Denis 'denis' Howell von PENTA Sports zu mousesports sowie der Transfer von Tahsin 'tahsiN' Broschk aus dem Team KILLERFISH eSport zu PENTA Sports.

All diese Transfers fallen in die Kategorie außerordentliche Wechsel, da diese sich während laufender Verträge der Spieler und zwischen größeren eSport-Organisationen ereigneten. Jede Organisation im deutschen eSport setzt ihre Verträge nach gewissen Maßstäben und Laufzeiten an. In den letzten Jahren konnte man den deutschen Standard als eine Fixierung an die ESL Meisterschaft nennen. So wurden und werden Verträge an die Seasons der Meisterschaft angepasst und genau ausgehandelt. In der Norm sprechen wir von mindestens einer Season, im besseren Falle von zwei Seasons. Bei PENTA Sports und mousesports wiederum wird die Laufzeit der Verträge – wie auch öffentlich bekannt und unter dem Thema Vollzeit umfänglich diskutiert – langfristiger und außerhalb der ESL Meisterschafts-Seasons festgelegt. Im Grunde sprechen wir hierbei von Jahresverträgen, einen Standard, den ich mir für den deutschen eSport für die Zukunft auch wünschen würde.

Nach der ESL One in Katowice kam es bei PENTA Sports zu einem Umbruch im Team. Wie bekannt, spielte Tobias 'Troubley' Tabbert als fünfter Spieler während der ESL One Katowice, doch das Glück hielt nicht lange an. Um die Lücke zu schließen, wurden viele Gespräche geführt und man einigte sich auf Niclas 'enkay J' Krumhorn als Ersatz für die laufende Season. Nach Verhandlungen mit Team ALTERNATE ging der Wechsel auch sehr schnell über die Bühne. Die Rolle des Ingame-Leaders, welcher den Spielern von PENTA Sports zu dieser Zeit gefehlt hatte, konnte Niclas – trotz aller Erfahrungen und Qualitäten – leider nicht ausfüllen. Man muss beachten, dass in diesem Moment im Kopf eines Spielers der Hauptfokus auf dem mittel- und langfristigen Erfolg liegt. Zu diesem Zeitpunkt hatte jeder Spieler einen großen Traum, welchen man gemeinsam mit der deutschen Community träumte: CS-Deutschland das zu geben, was es aus früheren FPS-Titeln bislang gewohnt war und immer wollte - Erfolge und Titel. Aus dieser Tatsache ergab sich, dass nur eine Kombination aus den Lineups von mousesports und PENTA Sports dies ermöglichen könnte. Und damit begannen die Gespräche und in diesem Falle langwierigen Verhandlungen. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Spieler in langfristigen Verträgen gebunden und somit folgt nun das Prozedere eines umfangreichen Transfers.

enkay J war nicht die optimale Lösung
Im Falle solcher tiefgreifender Transfers muss ich sagen, dass zu 95% ein Wechsel aufgrund der Ansichten und Vorstellungen der Spieler beziehungsweise Teams herbeigeführt werden. Die Spieler möchten dieses Lineup und es beginnt ein Lauf gegen die Zeit. Der Transferprozess gliedert sich hierbei in verschiedene Phasen. Als erste Phase sind die Gespräche zwischen den Spielern und meist getrennt zwischen den beiden Organisationen bzw. Teams zu nennen. Geklärt wird die Fragestellung: Wo möchte der jeweilige Spieler weitermachen und in welcher Konstellation? Im Falle vom Wechsel PENTA Sports zu mousesports, war dies ein sehr umfangreicher Vorgang, welcher sich über circa einen Monat erstreckte. Nachdem diese Frage geklärt ist, geht es an den richtigen Verhandlungstisch. So ist in dieser Phase im Grunde genommen noch alles offen. Man weiß zwar in welcher Konstellation man genau spielen möchte, die Spieler sind jedoch noch vertraglich gebunden und können natürlich nicht einfach wechseln.

Somit weiter mit Phase Zwei, welche mit der bislang immer zutreffenden Behauptung beschrieben werden kann: Beide Organisationen sind zu Gesprächen bereit und verstehen die Lage der Spieler bzw. des Teams. Für die betroffenen Organisationen gilt es aber auch wirtschaftliche Interessen zu wahren. Langfristigere Spielerverträge bedeuten auch weitgreifendere Möglichkeiten in der Zusammenarbeit mit den Profis und in deren Vermarktung. Von der Stellung in verschiedenen Ligen oder einen damit verbundenen Major-Slot (im Falle von PENTA Sports) sowie Reichweiten durch Streaming und Social Media Präsenz in Verbindung mit Sponsoringverträgen - all dies spielt eine große und komplexe Rolle. Zu diesem Gefüge kommt der Druck der Spieler, welche nur ihren Traum und diese neue Konstellation – wie in einem Tunnel – vor Augen haben. Dies bereitet allen Partein in den meisten Fällen viel Kopfzerbrechen und lange Nächte. Ein hohes Maß an Kommunikation und Verhandlungsbereitschaft ist in diesem Fall der einzige Schlüssel zum Erfolg für alle Seiten.

Und so führen die Verhandlungen zu Phase Drei, der Festlegung der Ablösesummen und Vereinbarungen zwischen den beteiligen Organisationen. Hierbei gibt es verschiedene Bemessungsgrundlagen die zum Tragen kommen: Zum einen die ausstehende Laufzeit der Verträge, ein geschätzter Marktwert der Spieler anhand vieler Kriterien und möglicherweise vordefinierte Ablösesummen in den bestehenden Verträgen. Bislang kam es in den Wechselfällen zwischen mousesports und PENTA Sports oder KILLERFISH zu einem hohen Maß an Professionalität und Achtung der Verträge, was ich in diesem Artikel noch einmal deutlich zur Sprache bringen möchte, ein Dank gilt allen damit verbundenen Akteuren und Managern.

kRYSTAL ist der Dauerbrenner bei PENTA
Die Ablösesumme ist der Hebel für jeden bestehenden Vertrag und stellt für den Bieter und für den Verkäufer immer die Frage: Wie weit möchte ich gehen? Was sind wir bereit zu zahlen? Noch härter formuliert ist es auch eine Frage, wie viel eine Organisation für einen Spieler zahlen kann. Und somit beginnt das Feilschen. Zu diesem Zeitpunkt hat sich jede Organisation natürlich ein erwartetes Ziel bzw. ein Limit gesetzt und man versucht natürlich das beste für die eigene Seite herauszuholen. Hierbei kommt den Spielern auch zugute, dass bislang keine deutsche Organisation in den bekannten großen Wechseln dieses Jahres zu ihren eigenen Gunsten entschieden hat und man stets kompromissbereit blieb. Im Vordergrund stand die Entwicklung des Spielers, denn man wollte dessen Entwicklung und Karriere nicht verbauen. Durch die immer weiter wachsende Szene und der damit einhergehenden Professionalisierung ist unklar ob dies in der Zukunft noch der Fall sein wird? Diese Frage bleibt wohl offen.

Es folgt die letzte Phase! Eine Summe und die umfangreichen Konditionen wurden gefunden, danach geht es darum die nötigen Vereinbarungen zu verfassen, sowie zu unterschreiben. Im genauen Falle ist der Spieler erst nach geleisteter Unterschrift und meist auch nach Eingang der Ablösesumme freigegeben. Wenige Tage nach Abschluss dieser letzten Phase ist dies auch auf allen Szeneseiten zu lesen und damit schließt sich der Prozess Spielertransfer und es folgt hiermit zum Abschluss ein Blick in die Zukunft.

Bislang ist der Transfermarkt in Deutschland noch sehr einfach gestaltet und folgt keinen maßgeblichen Gesetzen oder Vorgaben. Die Grundlage für Transfers liegt in den Möglichkeiten der Organisationen und deren Angeboten an die Spieler sowie an der Eigendynamik der Teams. Es wäre aber sehr wünschenswert, dass in Zukunft die deutschen Organisationen, Firmen und Vereine näher zusammenrücken und enger kommunizieren. Natürlich gilt bei solchen Transfers immer das Recht des Stärkeren oder sagen wir des Höchstbietenden bzw. der am härtesten verhandelnden Partei. Aber es bestehen auch Möglichkeiten, dass Spieler nicht aus Verträgen gelassen werden oder Wechsel von Organisationen blockiert werden.

Jeder begeisterte Gamer steht für den eSport als Sportart und damit verbunden ergibt sich auch die Notwendigkeit von Absprachen, mehr Kommunikation und Transparenz. In dieser Form würde sich ein Verband anbieten, welcher für den deutschen bzw. deutschsprachigen Raum mit den anerkannten und ausgewählten deutschen Organisationen zusammenarbeitet. Die Zukunft und die schnelle Entwicklung des eSports wird uns zeigen, welchen Weg CS-Deutschland hierbei einschlagen wird!

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