Geposted von Pretest,
Vor Kurzem haben wir darüber berichtet, wie Frankreich seine Bemühungen um den eSport vorrantreibt. In Deutschland sind wir von vergleichbarem Engagement noch weit entfernt. Gleichwohl unternimmt nun die Fraktion der Piratenpartei im Berliner Abgeordnetenhaus einen weiteren Versuch den eSport hierzulande als Sportart anzuerkennen. Dazu wurde nun ein Antrag in das Plenum des Parlaments eingebracht.

Vorausgegangen war dem Antrag ein Gutachten, welches die Piraten Anfang des Jahres beim wissenschafltichen Parlamentsdienst des Abeordentenhauses in Auftrag gegeben hatten. Dabei ging es um die Frage nach den Voraussetzungen und Auswirkungen einer Anerkennung des eSport als Sportart. Dem Gutachten nach wäre eine eigenständige Anerkennung durch das Land Berlin aus diversen Gründen nur schwerlich möglich. Außerdem wird festgestellt, das der eSport nach aktueller Rechtslage kein Sport (im rechtlichen Sinne) ist und daher nicht als solcher anerkennungsfähig sei. Ein großes Problem auf dem Weg zur Anerkennung scheint zudem der schwammige Sportbegriff selbst zu sein.

Das Gutachten zeigt aber auch eine weitere Möglichkeit auf dem Weg zur Anerkennung auf, welchen die Piratenpartei nun Verfolgen möchte. Durch eine bewusste politische Entscheidung könnte eSport, ebenso wie Schach, zumindest steuerrechtlich, als gemeinnützige Sportart anerkannt werden. Ausschlaggebend dafür ist der §52 der Abgabenordnung (AO) Obwohl Schach nicht unter die klassische Definition des Sportbegriffes fällt wird es dort, in Abs. 2 Nr. 21 explizit als Sport bezeichnet. Dasselbe wäre auch für den eSport möglich. Auch der Motorsport ist von diesem Paragrafen erfasst, da er seit einem Urteil des Bundesfinanzhofes im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) im Punkt 6 zu §52 AO als Sport gilt, ebenso wie das Ballonfahren.

Mit ihrem Antrag wollen die Berliner Piraten erreichen, das das Abgeordnetenhaus den Senat (Landesregierung in Berlin) auffordert sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Abgabenordnung und/oder der zugehörige Anwendungserlass geändert werden. Davon versprechene sie sich Erleichterungen für den eSport die heute für klassische Sportvereine schon selbstverständlich sind. Am 26. Mai wird im Abeordnetenhaus der Antrag behandelt werden, bevor dann am 27. Mai eine Expertenanhörung im Ausschuss für Sport erfolgt. Ob der Antrag letztlich Erfolg haben wird ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Abgeordnetenhaus eher unwahrscheinlich. Sollte der Antrag angenommen werden, wäre es zumindest ein erster Schritt (unter vielen weiteren, die noch folgen müssten) um eSport tatsächlich auf Bundesebene als gemeinnützige Sportart anzuerkennen.

Statement Andreas Baum (Sprecher für Sport der Piratenfraktion)

Das Gutachten zeigt die Probleme des ungenauen Sportbegriffs in der heutigen Gesellschaft auf. Gleichzeitig freuen wir uns, dass es erstmals eine genaue, rechtliche Analyse zum eSport in Deutschland gibt – das ist ein Novum! Und es zeigt auch, warum sich für den eSport die Bemühung um eine Anerkennung lohnt: Nicht nur resultieren daraus viele Erleichterungen im Sportbetrieb, sondern auch eine Verantwortungsübernahme durch z. B. die Motivation zur ehrenamtlichen Jugendarbeit. Nun liegt es an der Politik, den eSport-Veranstaltern sowie den Teams, zueinanderzufinden: Der eSport-Bereich muss sich um ein solides Verbandswesen bemühen. Wir wollen jetzt die politische Initiative ergreifen und den ersten Schritt im Bund zur Anerkennung von eSport erreichen. Der eSport ist nicht einfach nur eine Trendsportart, wie Sportsenator Henkel ihn jüngst titulierte, sondern hat eine jahrzehntelange Geschichte mit stetiger Entwicklung hinter sich. Weltweit verfolgen Millionen von Menschen die Wettkämpfe der verschiedenen Disziplinen, deren Austragung letztes Jahr mit dem League-Of-Legends-Finalspiel vor 12.000 Zuschauern und erstmals in Berlin ihren Höhepunkt fand. Berlin ist auch Zentrum von Profi- und Universitätsligen, das ganze Jahr trainieren hier Sportler*innen aus der ganzen Welt, um sich in diesem Wettkampf unter hohen geistigen und körperlichen Anforderungen zu messen. Das muss endlich anerkannt werden.


Statement Alexander Morlang (Mitglied des Wirtschafts- und Technologieausschusses)

Nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich ist eSport ein enormer Faktor geworden. Die Großveranstaltungen ziehen internationalen Tourismus in die Stadt, Veranstalter- und Entwicklerfirmen verlegen ihren Sitz nach Berlin. Diese Entwicklung steigert auch das Potenzial weiterer Neugründungen und Zuzüge. Wenn sich Berlin auf Bundesebene für eine Gleichbehandlung des eSports mit anderen anerkannten Sportarten einsetzt, leistet es ganz praktische Hilfe, diese Entwicklung beizubehalten und nachhaltig zu fördern. Wenn eSport in einer Reihe zwischen Schach und Formel-1-Motorsport steht, profitiert die Berliner Sportwirtschaft davon enorm.


Weiterer Ablauf:
  • 26. Mai - Behandlung des Antrags in der Plenarsitung des Abgeordentenhauses
  • 27. Mai - Expertenanhörung im Ausschuss für Sport


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