Geposted von Zorkaa,
Jesper 'JW' Wecksell hat es alles schon erlebt. Von Cheatingvorwürfen zum Sieg der DreamHack Winter 2013, als er gerade einmal 18 Jahre jung war. Ein Jahr später treten er und sein Team beinahe komplett zurück. Eine Karriere, dessen Höhen und Tiefen extremer nicht sein könnten… Aufschwung und Gegenwind

WRTT bzw. WeRunThisTown war JW’s Start in die professionelle CS:GO Szene. Erste Aufmerksamkeit erlangte das Team während des 6. THOR OPEN Qualifiers. Damals konnte man Online ESC Gaming mit 16:0 schlagen. Als wäre das nicht schon Überraschung genug, konnte man, getreu dem Namen, auch noch die Ninjas in Pyjamas mit 16:11 niederringen. Die Cheatingvorwürfe ließen natürlich nicht lange auf sich warten und WRTT wurde kurzerhand aufgrund der Indizien disqualifiziert, obwohl besonders JW selbst, nicht 100% überführt werden konnte.

Zu diesem Zeitpunkt war der Schwede gerade erst 17 Jahre alt. Aufgrund seines sehr leichtsinnigen, aber gleichzeitig effektiven Spielstils, hatte er nicht nur den Ruf eines Cheaters, sondern auch eines Onliners. Seine Art, den First-Frag, sowie ständig das Duell zu suchen und zu repeeken, ist der Grundstein für den äußerst prägnanten Spielstil, den wir heute von ihm kennen.

Ihm stand also nicht nur die erste professionelle LAN bevor, die eine komplett neue Erfahrung für jeden "Profispieler" ist, sondern auch die Augen der kompletten Community waren auf den jungen Schweden gerichtet. Sein Skill und seine Fähigkeiten wurden mit seinem Ruf als Cheater und Onliner kleingeredet.

Greg 'MrPetillant' Champagne erkannte das Potenzial des Teams und gab ihnen trotz alledem das Vertrauen bei Epsilon eSports. Das ursprüngliche Lineup wurde stetig angepasst und nachdem Robin 'flusha' Rönnquist dem Team beitrat, folgten auch schon Andreas 'znajder' Lindberg, Jonatan 'Devilwalk' Lundberg und später Andreas 'MODDII' Fridh. JW kristallisierte sich als Star des Teams heraus und sie zeigten nun auch auf LAN vielversprechende Leistungen. So z.B. auf den ESPORTSM 2012-2013 Finals, sowie der DreamHack Summer 2013, wo sie in beiden Turnieren gegen die nationalen Rivalen von NiP den Kürzeren zogen.

Die starke Performance von JW-dA-KiNG war wahrscheinlich für alle eine Überraschung. Laut eigenen Aussagen im Interview mit Thorin, sagt er, er hätte sich schnell an die LAN-Welt gewöhnen können, besonders da er seinen Spielstil nicht davon abhängig mache, ob er auf LAN oder Online spiele. Eine beachtliche mentale Leistung des jungen Schwedens.


Fnatic JW

Trotz der starken Ergebnisse, entschied sich Epsilon dazu, neue Wege zu gehen und droppte das Team. Daraufhin ließ sich Fnatic nicht die Chance entgehen, zu Counterstrike: Global Offensive zurückzukehren. JW’s Team findet damit bei einem der größten und prestigeträchtigsten eSports-Clans der Welt ein neues Zuhause.


Jonatan 'Devilwalk' Lundberg über den Wechsel

I feel a childhood dream is coming true, watching all the great teams in the past in the Fnatic organisation, and now being apart of it and it’s history going forward is something that's impossible to measure in how much it means to me.



Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück

Das erste LAN-Event für das neue Fnatic-Team war die DreamHack Bucharest 2013. Mit einem Bootcamp, aber schwankenden Online Ergebnissen im Vorfeld des Events, konnte man in der Gruppenphase gegen die Hausherren von neXtplease! gewinnen. Im zweiten Match traf man erneut auf die Ninjas und konnte auf Nuke in einem spannenden Spiel mit 19:16 gewinnen. In der Euphorie des Sieges kam es zu einigen ungeeigneten Äußerungen seitens Fnatic und auch die Verweigerung des Handschlages mit Christopher 'GeT_RiGhT' Alesund. Besonders JW stand daraufhin erneut für Langezeit im Kreuzfeuer der Community. Trotz des Sieges gegen NiP verlor man tragischerweise schon in der ersten Runde der Playoffs gegen die nationale Konkurrenz der Lemondogs.

Nachdem man sich Online für die SLTV StarSeries VII qualifizierte, verlor man in Kiev um Haaresbreite gegen die Astana Dragons, ehe man im Lowerbracket wiederum NiP unterlag und damit den nur 4. Platz belegte.

Mit diesen gemischten Ergebnissen bei ihrer neuen, großen Orga, entschied man sich nur zwei Wochen vor dem ersten Major in der Geschichte von CS:GO, den Ingameleader MODDII durch Markus 'pronax' Wallsten zu ersetzten. Damit stand die DreamHack Winter 2013 kurz bevor und es sah nicht vielversprechend aus.


JWRunsThisTown

Die Gruppenphase konnte souverän mit 2:0 mit einstelligen Siegen über Natus Vincere und Clan Mystik bewältigt werden. Mit 21 Kills auf beiden Maps machte JW eine gute Figur. Im ersten BO3 gegen Recursive eSports erzielte JW in beiden Map-Siegen je 29 Kills und führte sein Team ins Halbfinale. Dort angekommen löste man gegen Complexity Gaming mit einem 2:0 vergleichsweise komfortabel das Ticket für das Finale.

Im Finale stand man den Ninjas gegenüber. Der ewige Rivale und Favorit möchte nach ihrem Rekordreichen Anfang in CS:GO dem auch in Form des ersten Major-Sieges die Krone aufsetzten. Fnatic hatte jedoch andere Pläne. Nach einem knappen 16:14 Erfolg und einer 06:16 Niederlage, begeneten sie sich auf Train. Eine Map auf der JW nicht nur mit Fnatic gegen die Ninjas verlor, sondern auch mit Epsilon. Mit 18 Kills in der ersten Hälfte und First-Frags an der kleinen Rampe auf B oder im Pop-Dog terrorisiert er die Favoriten. Auf der T-Seite eröffnet er die Pistolround mit einem 3k, um den Score auf 14:2 zu bringen und die Titelträume der Ninjas platzen zu lassen. Er trifft damit die Vorentscheidung, ehe man die Map 16:2 beendet. JW hatte Blut geleckt.

Aufgrund der beschränkten Zeit, die sie mit pronax vor dem Major hatten, nahm dieser nur wenige Veränderungen vor. Er fokussierte sich dabei nicht auf taktische Aspekte, sondern auf die Rollenverteilungen. Dabei ist ihm aufgefallen, dass JW schon immer viele Entry-Frags erzielte. Er hielt JW daraufhin an, diese Rolle bewusster zu übernehmen, wie er im Interview mit Thorin verriet.


Der Anfang der Ära

Mit einem holprigen Start in das Jahr 2014 begründet durch drei Events ohne Top 4 zukommen, zog man die Reißleine und es kam zum monumentalsten Spielerwechsel den CS:GO je gesehen hat. Am 30.06.2014 traten Freddy 'KRIMZ' Johansson und Olof Markus 'olofmeister' Kajbjer Gustafsson an die Stellen von devilwalk und schneider.

Das erste LAN-Event mit dem neuen Team war direkt der Härtetest in Form der ESL One Cologne 2014, dem zweiten Major des Jahres. Nachdem Fnatic von sieben gespielten Maps nur 1 verlor, unterlag man dieses Mal NiP mit 1:2 im Finale. JW selbst hatte nicht die Star-Performance wie auf der Dreamhack Winter 2013, aber sie war noch immer überdurchschnittlich. Auch hier zeigte er JWesque Runden wie im Halbfinale sein 1 vs. 3 gegen Na´Vi, oder das 4k im Finale.

2014 war individuell gesehen das beste Jahr des Wonderchilds. Er spielte die AWP wann immer es ging und kämpfte mit kennyS um die Krone der „besten AWP“ des Jahres. Zwischen der ESL One: Cologne 2014 und der DreamHack Winter 2014 gewann Fnatic 4 von 5 Lan-Events und JW ließ nebenbei die Herzen der Fragmovie Ersteller höher fliegen.


Mr. CZ-75

Die CZ-75 wie wir sie heute kennen, ist um einiges schwächer als in der Vergangenheit. Der Schaden wurde ein wenig angepasst, während die Ziehanimation vor dem nerf nahezu doppelt so schnell war. Neben LDLCZ-75, hat JW die CZ nicht nur als Waffe für die Eco oder die regelmäßig werdenen Forcebuys auserkoren, sondern wurde sie vielmehr zu einem festen Bestandteil neben seiner AWP. Diese starke Pistol passte genau in seinen Spielstil hinein, da sich damit seine Möglichkeiten enorm erhöht haben. Er war als verletzlicher AWP-Spieler damit in der Lage, sich selbst zu verteidigen. Nicht umsonst findet man sie in vielen seinen Fragmovie-Clips.


Durch eine der ikonischsten Runden, seinem Ace auf Inferno, die CS:GO je gesehen hat, machte er den Ausdruck „JW things“ endgültig salonfähig.



Mit zwei Siegen über den Verfolger LDLC OL im Rücken, wurde für die Dreamhack Winter 2014 ein weiterer Platz im Trophäenschrank im Hause Fnatic freigehalten. Das Event verlief jedoch anders als gedacht. Im Viertelfinale traf man erneut auf den Rivalen dieser Ära. Team LDLC. Auf der dritten Map stand Fnatic nach einer schwachen T-Side auf Overpass unter Zugzwang. Nach der verlorenen Pistolround sahen sie sich gezwungen das Ass im Ärmel zu ziehen: Den 3-Mann-Boost auf dem A-Spot. LDLC sichtlich verwirrt wusste nicht wie sie damit umgehen sollen und verloren das Spiel 16:13. Allerdings hebten Sie Einspruch auf Grundlage des „Pixelwalkings“ ein. Nach langer Diskussion gab Fnatic das Spiel jedoch auf.

Erneut wurde Fnatic zum Villain von CS:GO. Die negative Resonanz und der Frust über die verlorene Möglichkeit das nächste Major für sich zu gewinnen, brachte die Spieler ins Grübeln. Ein Teil des Teams hatte ernsthafte Gedanken, inaktiv zu gehen, wenn nicht sogar komplett aufzuhören. Auch JW ließ sich von dieser Welle des hates herunterziehen, da es um einiges größere Proportionen annahm und zeitlich komprimierter war, als alles, was er vorher erlebt hatte, wie er Thorin erzählte.


Dreistigkeit siegt

Anfang 2015 erinnerte uns JW wieder daran, wieso er 2014 auf Platz 5 der besten Spieler von HLTV gevoted wurde. Sein einzigartiges Entscheidungsvermögen, sowie unverwechselbares movement führen zu diesen zwei Paradebeispielen für den effektiven Spielstil von JeSpErW.





Nerfs und Veränderungen

Mit Olofmeisters schleichenden Aufstieg zum unumstritten besten Spieler der Welt, hat sich auch langsam aber sicher die Rolle von JW innerhalb des Teams verändert. Er war nicht mehr der Starspieler des Teams, musste es aber auch nicht mehr sein. Mit einem so verlässlichen Teammate wie KRiMZ konnte er seinen aggressiven Spielstil bis zum Maximum ausreizen. Das führte wiederum dazu, dass JW in vielen Situationen Fnatic entweder die Runde, bzw. sogar eine ganze Map gewinnen, oder verlieren könnte.

Nach einer Enttäuschenden Niederlage gegen die Rivalen Team EnVy und starker Kritik aus der Community, entschied sich pronax dazu, das Team zu verlassen. Man ersetzte ihn kurzerhand mit dem alten LGB eSports-Spieler Dennis 'dennis' Edman und ging mit 3 überzeugenden Titelsiegen in den Jahreswechsel.

Währenddessen fällt es schwer, JW effektiver einzusetzen. Die DreamHack Cluj-Napoca 2015 war sein mit Abstand schwächstes Event und auf den folgenden Events sollte er auch keine starken Leistungen zeigen. Seitdem sucht er nach seiner Identität.

Durch drei große Updates war JW$hA gezwungen seinen Spielstil anzupassen. Es gab Anpassungen im Tagging von Spielern. Sein aggressiver Spielstil wurde dadurch noch einfacher zu bestrafen, da man durch Granaten und Anschüsse nun bedeutend langsamer wurde. Auch die CZ75, seine Lebensversicherung, wurde durch die verlängerte Animation wertlos für seinen Spielstil. Zu JW's Überfluss entschied Valve sich knapp 6 Monate danach, die AWP anzupassen. Die Geschwindigkeit im Scope wurde stark verringert, weshalb es AWP-Spielern bedeutend schwerer gemacht wurde, Ecken während des scopens zu peeken. Insgesamt wurde damit die Explosivität JW's Schritt für Schritt eingeschränkt.

Auf der einen Seite verlangen Olofmeister und dennis vermehrt nach der AWP, auf der anderen Seite überlässt JW ihnen diese und greift bewusst nicht zur AWP. Vielmehr greift er darauf zurück, Waffen situationsbedingt zu nutzen. Mittlerweile ist die „Bank of Fnatic“ bekannt, aber auch Spotabhängige Waffen wie die Abgesägte Schrotflinte, mit der er den Dropper auf Cobblestone einnimmt. Darüber hinaus wird der AWP von JW auch in der Hinsicht nicht mehr so viel Relevanz zugesprochen, als dass sie weniger dafür sparen und er deswegen auf die Scout zurückgreifen muss.

Beim ersten Major in Amerika, kam man auch hier nicht über das Viertelfinale heraus. Die Stimmung verschlechterte sich und man hoffte mit einem erneuten Wechsel auf die Wende. Wie vuggo, Coach und mittlerweile im Management von Fnatic tätig, gegenüber Fragbite erzählte, war der ursprüngliche Plan, JW mit Håvard 'rain' Liset Nygaard zu ersetzten. Zu vuggo’s Schock, teilte kurz vor Beginn der Gespräche Flusha mit, dass er nicht mehr in diesem Team spielen wolle. Trotz konstanter Top-4-Finishes wechselt neben JW und flusha nun auch KRiMZ ihren alten Mates znajder und pronax bei GODSENT.


Der alte JW

lurppis vergleicht die Situation mit pasha, der seinen aggressiven Spielstil auch nicht mehr in dem Maße zeigen kann. Er begründet den Absturz dieses Stils mit der Entwicklung und Vorbereitung der Gegner, die nicht mehr so leicht zu überraschen sind.




Die Idee, den alten JW wiederaufleben zu lassen, ist einer der Eckpfeiler für das neue Godsent Team. Es wurde sich stark darauf verlassen, dass pronax, wie auch schon 2013, die Spieler am effektivsten aufstellt. JW hat damit den Rückhalt seines Teams, aber auch den Druck auf seinen Schultern.

I just want to be JW again.


Im Interview mit Lurppis lässt JW durchblicken, dass er als Vollzeit AWP mehr eine Teamentscheidung war, als seine eigene. Er wolle lieber JW sein. Dies macht er nicht von der AWP abhängig, sondern von seinem Spielstil an sich.

Knapp 6 Monate nach dem Wechsel müssen sich sowohl Godsent, als auch Fnatic eingestehen, dass es so nicht funktioniert. Das Fnatic in dieser Konstellation, mit der geringsten Stundensumme aller Teilnehmer und dem Wissen, dass der zweite Swedish Shuffle so ziemlich in trockenen Tüchern ist, noch den Einzug ins Halbfinale des ELEAGUE Major 2017 geschafft hat, ist schwer einer Verbesserung des Teams zuzuschreiben.

Genau deswegen konnte man auch den „alten JW“ etwas aufblitzen sehen. Auch wenn er, bis auf das Match gegen North, in den Niederlagen schlecht aussah, sah er bei den Siegen umso besser aus.


Hat die Suche eine Ende?

Sein Wechsel zu Fnatic ist nicht nur eine Rückkehr nach Hause. Vielmehr bietet ihm dieses Team mehr Rückhalt auf dem Server. Er ist nicht darauf angewiesen, der Star zu sein, sondern er hat mehr Möglichkeiten seinen alten Spielstil zupfeilen, da er dort stärkere Mates hat, die seine Spielerein besser auffangen können.

JW ist ist nach alledem erst 22 Jahre alt geworden. Dreifacher Major Gewinner. Er wird mit Fnatic in die Geschichtsbücher von Counter-Strike: Global Offensive eingehen. JW erkennt, dass eine Rückkehr zu seinem alten Spielstil schwierig ist, aber er besitzt die Erfahrung ihn so abzuändern, dass er wieder effektiv wird.

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