Geposted von spawnYzn,
Im zwölften Teil unserer Interviewreihe sprechen wir mit Daniel Finkler, CEO von Berlin International Gaming. Dabei gewährt er nicht nur Einblicke in sein Schaffen, sondern steht auch euch - der Community - Rede und Antwort in den Kommentaren. Eine ganz besondere Gelegenheit, um alle Fragen zu seiner Arbeit und zu BIG zu beantworten.


Einleitung - "It was all a dream"



Den Traum, sich selbstständig zu machen, sein eigener Chef zu sein und eine erfolgreiche Marke aufzubauen, hatte wahrscheinlich schon jeder einmal im Kopf. Doch im Vergleich mit anderen Ländern, gerade den USA, halten sich Deutsche damit eher zurück. Zu groß ist das Risiko einer Niederlage und das vermeintlich damit einhergehende Stigma. Doch gerade der eSport macht es jungen Menschen möglich, sich etwas Eigenes aufzubauen und vom großen Erfolg auf internationaler Bühne zu träumen. Doch der Weg dorthin ist steinig.

Daniel Finkler hat dies in die Tat umgesetzt. Gemeinsam mit seinen Co-Foundern half er bei der Gründung von BIG und dem Aufbau des neuen deutschen Vorzeigeteams rund um Fatih 'gob b' Dayik, das alte wie junge Legenden und Talente vereint. Dann ging es rasant an die Spitze, nicht nur der deutschen, sondern auch der internationalen Szene. Mit der fulminanten Leistung auf dem ersten Major Turnier, dem Bezwingen von absoluten Spitzenreitern wie SK Gaming und dem FaZe Clan und damit dem Einzug in die Playoffs, machte sich BIG über die deutschen Grenzen hinaus einen Namen.

Hinter den Kulissen hält der CEO die Fäden in der Hand. Gemeinsam mit seinem Team, den Spielern und stark involvierten Co-Foundern will er BIG Stück für Stück langfristig an der internationalen Spitze etablieren. Auf diesem Weg baut er auf Personen, denen er voll vertrauen kann und gibt ihnen den nötigen Freiraum, um dieses Ziel zu erreichen. Wie er das macht, wie sein Arbeitsalltag aussieht und womit sich ein CEO so befasst, erzählt er uns im exklusiven Behind the Scenes-Interview.




Interview mit Daniel Finkler, CEO



Bitte stelle dich unseren Lesern doch kurz vor: Wer bist du und was machst du?


Gerne, weitere Fragen beantworte ich übrigens gerne in den Comments. Zu meiner Person: Mein Name ist Daniel Finkler, mittlerweile fast 30 Jahre alt, wohnhaft in Berlin und seit Beginn des Jahres Co-Founder, Shareholder und Geschäftsführer bzw. CEO von BIG und der dahinterstehenden Bigleet GmbH. Ich bin seit der Gründung an Bord und wesentlich für alle geschäftlichen Sachverhalte zuständig. Mein Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Koordination aller anfallenden Aufgaben rund um unser Team, der Partnerakquise und -Betreuung, der Vermarktung unserer Partner sowie dem strategischen Management. Zusätzlich bin ich als CEO auch in finanzielle und steuerliche Sachverhalte eingebunden. Selbstverständlich arbeite ich nicht alleine, sondern kann auf ein starkes Team bauen.

Ohne Joshua Bayer, Nebi Serc, Valentin Büker, Sascha Henße, Fabian Scholer, Max Knuth und Christopher Vehse wären die täglichen Content-Releases und vor allem die aufwändigen Dokumentationen nicht möglich gewesen. Zusätzlich arbeiten wir regelmäßig mit Philipp Neubauer, dem Lead Videographer von RoomOnFire, zusammen und binden ihn in Projekte ein. Neben Tom Lemke, General Manager bei Unikrn, der mich entscheidend bei Vertriebs- und Marketing-Sachverhalten unterstützt und unserem CGO Christian Lenz, stehe ich täglich mit Yilmaz Ozan in Kontakt. Yilmaz Ozan, Gründer von mousesports und gleichzeitig Co-Founder bei BIG, ist mit seiner immensen Esport-Erfahrung ganz wesentlich an unserem Erfolg beteiligt. Mit ihm bespreche ich, zusammen mit Christian Lenz, teaminterne Problemstellungen, die es zu lösen gilt und gemeinsam entscheiden wir über die langfristige strategische Ausrichtung der Organisation. Seine Familie, allen voran seine Frau Nuran, kümmert sich zudem täglich um das Wohl unserer Spieler. Auch sie sind ganz maßgeblich am Erfolg des Teams beteiligt.


Wie sieht dein Arbeitsalltag normalerweise aus?


Vermutlich stellt man sich den Arbeitsalltag des CEO’s einer Gaming Organisation sehr viel spektakulärer vor, als er eigentlich ist. Eins vorweg: Ich selbst war / bin leidenschaftlicher Gamer und spiele seit über 16 Jahren Counter-Strike. Seit der Gründung nutze ich meine geringe Freizeit allerdings eher zur Entspannung abseits des PCs, sodass ich diesem Hobby derzeit (das ändert sich hoffentlich bald) nicht mehr nachgehe. Ich liebe meinen Job, auch wenn es mitunter sehr stressig sein kann und ich eigentlich sieben Tage die Woche eingebunden bin. Morgens nach dem Aufstehen nutze ich zunächst 15-30 Minuten, um mich über Ergebnisse, allgemeine News und Entwicklungen im Esports sowie in den sonstigen Wirtschaftsbereichen über entsprechende Plattformen auf den neuesten Stand zu bringen. Im Anschluss beantworte ich erste dringende Mails und Nachrichten, die über Nacht oder am späten Vortag eingegangen sind. Diese sind, wie man sich vorstellen kann, ganz unterschiedlicher Art.

Nach Ankunft in unserem innerstädtischen Büro am Ku'damm (ungefähr 15 min von meiner Wohnung entfernt) beginnt mein eigentlicher Arbeitstag mit der am Vortag aktualisierten TO-DO-Liste, die ich pflege und kontinuierlich bearbeite. Als Leiter des Marketings überwache ich zudem gleich zu Beginn des Tages alle Prozesse und unterstütze mein Social-Media Team. Wir nutzen intern ein Aktivitätenmanagement, sodass anfallende Tasks nach Rubriken sortiert und deren Umsetzung über entsprechende Zuteilung garantiert werden kann. Dies erleichtert nicht nur dem Team die Koordination und Kommunikation, sondern räumt auch mir die Möglichkeit ein, den Überblick zu behalten. Gerade bei unseren Dokumentationen fällt ein immenser Arbeitsaufwand an und ich bin sehr dankbar, dass ich mittlerweile ein eingespieltes Team zur Verfügung habe und wir alle an einem Strang ziehen. Weiterhin stehe ich kontinuierlich mit unseren Partnern in Kontakt und bespreche bzw. konzipiere mögliche Aktivierungen mit dem Team.

Ganz wesentlich ist natürlich auch die Sponsorenakquise. Hier erstelle ich umfangreiche Angebote, reagiere auf Anfragen und stelle mich möglichen neuen Partnern vor. Die Kaltakquise ist gerade auch im Esport ein schwieriges Unterfangen, da nach wie vor, gerade als junge Organisation, einige Hürden zu überwinden sind. Hier sind Messen und Networking-Veranstaltungen äußerst hilfreich, die ich zukünftig mit Sicherheit öfter besuchen werde. Natürlich kommt es auch vor, dass man von interessierten Partnern kontaktiert wird. Dies war bspw. bei unserem neuesten Partner “Hörluchs”, einem Premiumhersteller für InEar-Kopfhörer “Made in Germany”, der Fall. Hörluchs ist bereits Anfang Juli an uns herangetreten und wollte unser Team zunächst mit ihren maßgeschneiderten InEar-Lösungen für die internationalen Events ausrüsten. Unsere Spieler waren jedoch so von den Produkten überzeugt, dass wir diese Zusammenarbeit deutlich vertieft haben und nun gemeinsam eine Gaming-Serie auf den Markt bringen, die für Esportler qualitativ neue Maßstäbe setzen wird. Solche InEars werden auch von Profi-Musikern und Rennsportlern eingesetzt, der Esport ist allerdings ein logischer Schritt. Sound ist bekanntlich ein entscheidender Faktor. Da wir, stand heute, auf zuverlässige und äußerst engagierte Partner bauen können, ist unser Budget für 2018 bereits sicher, wofür wir natürlich sehr dankbar sind. Selbstverständlich sind wir jedoch offen für Gespräche mit potentiellen weiteren Partnern.

Gegen Nachmittag mache ich mich häufig auf den Weg zu unserem Spielerhaus im Süden der Stadt (Standort: geheim). Auch dort habe ich einen Arbeitsplatz direkt im Trainingsraum, sodass ich mich ungehindert weiter den anliegenden Aufgaben widmen kann. Doch ehrlich gesagt genieße ich die Zeit mit den Spielern und unserem Coach besonders und freue mich jedes Mal auf den Besuch. Ich versuche zusätzlich bei jedem Spiel anwesend zu sein, um sie anzufeuern und mitzufiebern. Wir haben gemeinsam schon viel durchlebt und ich bin unglaublich stolz, was dieses Team in den vergangenen neun Monaten geleistet und erreicht hat. Jeder Einzelne von ihnen hat hierzu auch einen entscheidenden Beitrag geleistet. Sie haben buchstäblich Geschichte geschrieben und ich kann vor ihnen nur meinen Hut ziehen. Es sind einzigartige Menschen, zugleich bodenständig, hilfsbereit und dankbar für jede Kleinigkeit. Ich bin glücklich, dass ich Teil dieser Organisation bin.


Ich lege besonders großen Wert auf ein vertrauensvolles Verhältnis, hohe Motivation und Eigenständigkeit…



Mit welcher Herangehensweise stellst du sicher, das richtige Personal um dich zu scharen, das deinem Geschäft zum Erfolg verhilft?


Die Personalakquise ist eine herausfordernde Aufgabe. Wir erhalten täglich Bewerbungen für die unterschiedlichsten Positionen. Derzeit sind wir noch eine kleinere Organisation und die bisher besetzten Stellen basieren auf Empfehlungen externer oder interner Mitglieder. Ich lege besonders großen Wert auf ein vertrauensvolles Verhältnis, hohe Motivation und Eigenständigkeit der Person. Dies sind für mich neben den individuellen Fähigkeiten die Grundpfeiler der Zusammenarbeit. Natürlich sollte der Bewerber auch menschlich ins Team passen. Wir sind eine sehr harmonische Organisation und dies wollen wir bleiben. Grundsätzlich ermöglicht eine Bewerbung nur einen ganz oberflächlichen ersten Eindruck. Ob man die richtige Person für die richtige Stelle hat, kann man erst nach einer gewissen Zeit wirklich beurteilen. Entsprechend folgt nach den ersten Gesprächen eine individuelle Einarbeitung. Gleich zu Beginn sollten jedoch schon herausfordernde Aufgaben zugeteilt werden, um eine erste ordentliche Einschätzung zu erhalten. Als Führungskraft ist es meine Aufgabe, die Stärken einer Person zu analysieren und ihr ihrem Stärkenprofil entsprechend Aufgaben zuzuteilen. Dieser Prozess benötigt Zeit und vor allem Geduld. Gerade in jungen Menschen steckt viel verborgenes Talent. Doch nur wer die Stärken seiner Mitarbeiter kennt, kann sie wirklich wirkungsvoll einsetzen.

Bei dieser Gelegenheit: Wir suchen derzeit ein weiteres Mitglied für unser Grafik- / Videoteam. Aufgrund unseres Einstiegs in PUBG wären besonders erste Video-Editing-Kenntnisse in diesem Bereich wünschenswert. Bewerbungen mit Referenzen können an info@bigleet.com gesendet werden.


Wie geht man mit dem ständigen Druck um, am Ende des Tages für alles die Verantwortung zu tragen, Erfolg wie Misserfolg?


Think positive! Natürlich trägt man als Geschäftsführer jede Menge Verantwortung, neben den Partnern vor allem gegenüber den Mitarbeitern und Spielern. Der Druck ist entsprechend groß. Jedoch bin ich ein sehr positiver, lösungsorientierter Mensch. Bei aufkommenden Problemen bleibe ich rational und suche nach Lösungsansätzen. Natürlich kann ich auch hier auf mein starkes Team bauen und berate mich oft mit Yilmaz, Tom oder Christian (je nach Aufgabengebiet). Letztendlich gibt es für alles eine Lösung!


Welches hierarchische Modell bevorzugst du zur Leitung eines vergleichbar erfolgreichen Esport-Unternehmens?


Grundsätzlich strebe ich eine flache Hierarchie an, nur diese ist meiner Meinung nach wirkungsvoll und bietet die notwendige Flexibilität. Aus diesem Grund lege ich auch besonderen Wert auf die Eigenständigkeit meiner Mitarbeiter. Unser Marketing-Team ist in der Lage, anfallende Aufgaben selbständig und mit der notwendigen Sorgfalt zu lösen. Ich selbst bringe mich regelmäßig als Teammitglied auf Augenhöhe ein, letztendlich sind wir ein Team und helfen uns gegenseitig. Bei besonders wichtigen Anliegen, bspw. umfangreiche Promotionen für Sponsoren, ist diese Zusammenarbeit natürlich deutlich intensiver.


Wie behältst du den ständigen Überblick über interne und externe Vorgänge, die dein Geschäft beeinflussen?


Ein offenes Ohr, kontinuierliche Kommunikation mit unseren Teams und Partnern und regelmäßige Meetings helfen, den Überblick zu behalten. Da ich mich nicht immer auf mein Gedächtnis verlassen möchte, versuche ich mir alles zu notieren (einfache TO-DO Liste nach dem Kanban Verfahren), auf diese Weise sollte man nicht allzu viel vergessen!

Bei der Beobachtung der externen Vorgänge kann ich Rat geben, Sachverhalte und Entwicklungen zu hinterfragen, viel zu lesen, Diskussionen zu führen und sich natürlich auf den gängigen Szeneseiten auf täglicher Basis zu informieren. Trotz allem ist es eine der größten Herausforderungen, die langfristigen externen Entwicklungen korrekt einzuschätzen und sie in der Geschäftsstrategie zu berücksichtigen. Der Markt entwickelt sich unheimlich schnell, eine verlässliche Prognose der Marktentwicklung der nächsten fünf Jahre ist schwierig bis unmöglich. Entsprechend ist Geschwindigkeit wichtig, bedeutet möglichst schnell und flexibel auf externe Einflüsse reagieren zu können, die man vorher nicht absehen konnte.

Ein Beispiel ist hier mit Sicherheit PUBG. Zu Beginn des Release hatten wohl die wenigsten Organisationen dieses Spiel als neuen Esport-Titel auf dem Schirm. Nach dem raschen Anstieg der Spielerzahlen und dem ersten erfolgreichen Turnier in Köln konnte man aber die Augen nicht mehr verschließen. Die Fähigkeit der Organisation, auf solche Entwicklungen trotz eines Informationsrückstands schnell zu reagieren, ist für das langfristige Bestehen entscheidend. Wir mussten uns in einen neuen Titel einarbeiten, die Szene und Spieler analysieren, Verhandlungen führen und letztendlich die Entscheidung treffen, in ein neues Team zu investieren - und das alles innerhalb weniger Wochen. Insgesamt ein sehr hektischer und dynamischer Prozess, den es zu bewältigen gilt und gleichzeitig sehr spannend ist. Das macht diesen Job so aufregend.


Der Esport ist ein internationales Phänomen, das sich in den letzten Jahren stark gewandelt hat. Daher braucht es manchmal unorthodoxe Herangehensweisen und Risikobereitschaft, um zum Erfolg zu kommen. Wie versuchst du, Risiken zu minimieren und Fehler zu vermeiden?


Risiken sind in der Geschäftswelt Alltag. Hiervon ist der Esport als sehr schnell wachsender, dynamischer Markt jedoch besonders betroffen. Hiermit muss man als Unternehmer umgehen können. Ein gutes Risikomanagement mit den entsprechenden Methoden ist natürlich hilfreich, jedoch ist es unmöglich, sämtliche Risiken und Entwicklungen vorherzusehen. Man muss immer damit rechnen, dass trotz der wahrscheinlichsten Szenarien A, B, C dann anschließend doch Szenario D eintritt. Reaktions- und Anpassungsgeschwindigkeit, aber auch eine “gesunde” Risikobereitschaft sind entsprechend entscheidend. Fehler lassen sich natürlich durch hohe Sorgfalt und Kontrollen vermeiden, dies ginge jedoch mit einer Reduktion der Reaktions- und Anpassungsgeschwindigkeit einher. Hier muss man einen gesunden Mittelweg finden - Fehler passieren eben.


Mir ist wichtig, dass wir eine offene, motivierende und gleichzeitig freundliche Kultur leben, in der Fehler erlaubt sind…



Du trägst in letzter Instanz die Verantwortung für dein Team und musst Personalentscheidungen auf allen Ebenen absegnen. Wie führst du Mitarbeiter und motivierst sie? Welchen Ansatz verfolgst du bei der Personalführung?


Grundsätzlich bin ich ein sehr offener und kooperativer Mensch, was sich auch in meinem Führungsstil widerspiegelt. Gleichzeitig habe ich ganz klare Vorstellungen von der weiteren Entwicklung der Organisation und hierbei muss ich mich auf unsere Mitarbeiter verlassen können, diese Zielvorgaben umzusetzen. Ich versuche, mit gutem Beispiel voranzugehen, ständig zu motivieren, dabei Erfolge und gute Leistungen hervorzuheben. Mit direkter Kritik gehe ich sparsam um, stattdessen versuche ich, im Einzelfall Lösungen aufzuzeigen und suche das direkte Gespräch. Mir ist wichtig, dass wir eine offene, motivierende und gleichzeitig freundliche Kultur leben, in der Fehler erlaubt sind. Aus Fehlern lernt man bekanntlich und sie fördern die Innovation.


Der Esport und dessen Entwicklung erfordern ständige Flexibilität und Innovation. Wie garantierst du, dass auch ihr flexibel bleibt und auf Änderungen schnell reagieren könnt?


Ganz richtig. Wie bereits angemerkt ist dies eine der größten Herausforderungen überhaupt. Hier gibt es kein Geheimrezept. Es ist wichtig, immer ein offenes Ohr zu haben und dabei stets genauso offen für Neues zu sein. Die Zukunft wartet nicht auf dich, man muss in der Lage sein, sein Geschäft der Zeit anzupassen und neue Wege zu gehen. Im Esport muss ich mir die Frage stellen, wie der Markt in fünf oder zehn Jahren aussehen könnte. Ist Counter-Strike dann noch ein Thema? Vielleicht! Wird sich der Esport zunehmend auf mobile Geräte ausweiten? Wahrscheinlich! Kann sich VR im Esport durchsetzen? Möglich. Während es bei den ersten beiden Fragestellungen noch leichter abzuschätzen sind, verhält es sich beim Thema VR anders. Die Technik steckt zwar nicht mehr in den Kinderschuhen und das Potential als Übertragungsgerät zur Verbesserung der Viewing-Experience ist riesig, so ganz mag sich aber noch keiner vorstellen, wie diese Technologie auf Ebene der professionellen Esportler in bestehenden oder neuen Titeln eingesetzt werden könnte. Trotz allem muss ich auch diese Technologie auf dem Schirm haben, um rechtzeitig reagieren zu können. Vermutlich wird sich auch dieser Markt deutlich schneller entwickeln, als es heute abzusehen ist.


Was sind deine Ziele?


Aus Sicht der Organisation ist das Ziel klar. Wir wollen uns mit BIG langfristig zwischen den ganz großen Playern bzw. Vereinen etablieren und uns stetig auf allen Ebenen weiterentwickeln. Ganz wichtig ist mir dabei jedoch, dass wir nie unser Gesicht zu verlieren. Als Unternehmen sind wir natürlich leistungsorientiert, jedoch gleichzeitig eine bodenständige, freundliche und familiäre Organisation und dies möchten wir immer bleiben. Gleichzeitig arbeiten wir hart an unseren Zielen. Natürlich möchten wir Titel gewinnen und uns national sowie international ganz oben etablieren, jedoch ist der Weg und vor allem das “Wie” dorthin entscheidend.


Erfolg ist etwas sehr individuelles und es kommt auf den Kontext an…



Wie definierst du für dich Erfolg?


Erfolg ist etwas sehr Individuelles und es kommt auf den Kontext an. Im beruflichen Umfeld ist für viele Erfolg ganz eng mit finanziellem Reichtum verknüpft. Geld sollte aber nicht das Ziel sein, sondern allerhöchstens der Maßstab der Zielerreichung für die dahinter liegenden Ziele. Für mich ist Erfolg das Erreichen von Zielen, die erstrebenswert sind. Wenn wir es schaffen, unsere Organisation in den nächsten drei Jahren an der Weltspitze zu etablieren und unsere inneren Werte sowie die familiäre, freundliche Kultur gleichzeitig bewahren können, dann sind wir wirklich erfolgreich. Privat bedeutet Erfolg für mich, all das zu haben, was man für das persönliche Glück braucht. Neben dem beruflichen Erfolg stehen Familie, Freunde und Gesundheit ganz oben.


Kannst du drei Dinge nennen, die dir jeweils an deinem aktuellen Job gefallen bzw. nicht gefallen?


Besonders gefällt mir die Vielfalt meiner Arbeit. In einer jungen Organisation bin ich in die unterschiedlichsten Themen eingebunden, die ganz unterschiedliche Anforderungen mitbringen. So arbeite ich an kritischen rechtlichen und steuerlichen Themen und führe wichtige Verhandlungen, bspw. mit potentiellen Sponsoren. Gleichzeitig bin ich allerdings auch in den Kreativbereich der Organisation eingebunden und plane die Umsetzung von Promotionen, gebe Input und übernehme auch mal einfache Social Media-Tätigkeiten. Es kommt auch vor, dass ich Fatih “gob” Dayik oder Johannes “tabseN” Wodarz mal das Wasser während eines wichtigen Spiels reiche. Nebenher sind die vielen Reisen in die Länder dieser Welt mit Sicherheit ein Highlight und ich liebe die Arbeit mit jungen, erfolgshungrigen Menschen.

Weniger gefallen mir reine administrative Tätigkeiten. In einer kleinen Organisation ist man leider auch damit beschäftigt, letztendlich kostet es Zeit, bringt keine Wertschöpfung, muss aber ordentlich erledigt werden. Auch auf die zahlreichen steuerlichen Fragestellungen im Esport, die gerade in Deutschland bis heute noch nicht eindeutig geklärt sind, könnte ich gerne verzichten.


Wie wird sichergestellt, dass ihr finanziell gut aufgestellt seid? Wie geht ihr auf Sponsoren und Investoren zu?


Als junge, aufstrebende Organisation muss man sich erstmal bewähren. Wir hatten das Glück, dass wir mit Unikrn gleich zu Beginn einen starken Partner und Investor von unserer Vision überzeugen konnten, der in 2018 sein Engagement weiter ausbauen will. Wir freuen uns wirklich sehr über das entgegengebrachte Vertrauen, hierdurch können wir als Organisation weiter wachsen. Tom Lemke, als General Manager Europe für Unikrn gleichzeitig auch unser direkter Ansprechpartner, hat uns im Folgenden auch tatkräftig bei der Sponsorenakquise unterstützt. So kamen nach und nach Lioncast, Vertagear und letztendlich auch XMG hinzu. Neben der üblichen Kaltakquise bietet sich besonders die Zusammenarbeit mit Agenturen an, die einem neue Türen öffnen. Natürlich erhält man auch regelmäßig Anfragen potentieller Sponsoren / Investoren, hierauf sollte man sich jedoch nicht verlassen. Man muss hier selbstverständlich selbst aktiv werden und sein Netzwerk ausbauen.


Im Esport arbeiten heißt auch mit jungen, manchmal emotionalen Menschen zu arbeiten. Wie gehst du damit um?


Das ist bestimmt nicht immer einfach, aber emotionale Menschen gibt es in jeder Altersklasse. Im Gegenteil, die menschliche Seite der Arbeit macht mir Spass. Jeder Mensch hat seine Macken und Eigenarten, davon bin ich mit Sicherheit nicht ausgenommen. Ich denke wir haben ein sehr vernünftiges, erwachsenes Team. Es gibt selten Konflikte und diese werden dann diplomatisch gelöst. Während der Spiele kann es durchaus sehr emotional zugehen, aber in diesen Bereich mische ich mich nur bei Bedarf ein und gebe Rat, wenn ich denke, dass es notwendig ist. Gerade Yilmaz Ozan und Christian Lenz sind hier noch enger am Team und dann oft auch der erste Ansprechpartner in diesen Angelegenheiten.


Um das Richtige zu tun, muss man sich daher oft auch auf sein Bauchgefühl verlassen…



Was ist der schwierigste Teil deiner Arbeit, der nach außen hin kaum wahrnehmbar scheint?


Es kommen viele Anfragen rein, entsprechend viele Handlungsmöglichkeiten ergeben sich jeden Tag. Daher muss man filtern bzw. priorisieren und sich auf das Wesentliche konzentrieren, um effektiv zu arbeiten. Das ist nicht immer einfach, da man am liebsten allen Möglichkeiten nachgehen möchte. Zeit ist jedoch begrenzt, entsprechend muss man es schaffen, diese Zeit mit möglichst wertschöpfenden Tätigkeiten zu füllen und alles andere auf ein Minimum reduzieren. Zudem ist es nicht einfach die Entwicklung des Esport in den kommenden Jahren abzuschätzen. Diese Analyse ist jedoch erforderlich, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Welche Titel sind in den kommenden Jahren noch interessant, welche verlieren an Bedeutung? Man kann hier fünf verschiedene Experten fragen und erhält fünf unterschiedliche Antworten. Um das Richtige zu tun, muss man sich daher oft auch auf sein Bauchgefühl verlassen.


Wie siehst du die Entwicklung des Esport? Welche Hoffnungen hast du und welche Änderungswünsche würdest du gerne umgesetzt sehen?


Die vergangenen vier Jahre waren phänomenal. Jährliche Wachstumsraten im hohen zweistelligen Bereich zeigen das Potential des Marktes. Gleichzeitig muss man jedoch klarstellen, dass das Gesamtmarktvolumen, welches alle Spieletitel umfasst und sämtliche generierten Umsätze berücksichtigt, immer noch weit entfernt von den herkömmlichen Sportarten ist. Es gibt dementsprechend noch viel zu tun, aber grundsätzlich sind wir auf einem sehr guten Weg. Es gibt viele Faktoren, die zukünftig weiteres, starkes Wachstum versprechen. Die Zahl der Gamer weltweit wird weiter wachsen, der steigende Wohlstand in allen Teilen der Welt fördert die Erschwinglichkeit von Gaming-Hardware und die bessere Vernetzung, auch in bisher schlecht angebundenen Arealen, ermöglicht es immer mehr Menschen, sich diesem Thema zu widmen.

Gleichzeitig haben Hersteller das Potential des Esports längst erkannt und arbeiten intensiv an der Optimierung bestehender und kommender Titel. Der Einstieg großer Investoren war kein Zufall, die hohen Wachstumsraten und die bestehenden Wachstumstreiber werden auch in Zukunft weitere Investoren, und damit Kapital, zum Ausbau der Infrastrukturen anziehen. Zusätzlich unterstützen technologische Innovationen, bspw. im Bereich der Übertragung (Stichwort Virtual Reality) oder der digitalen Güter, die Realisierung neuer Erwerbs- und Geschäftsmodelle. Besonders interessant empfinde ich hier die Entwicklung des Live-Bettings. Unser Partner Unikrn ist hier ganz stark auf dem Vormarsch und investiert viel in die Entwicklung der notwendigen Tools, die zusammen mit der neu eingeführten Kryptowährung UnikoinGold ein deutlich verbessertes und dynamischeres Wetterlebnis bieten werden. Doch dies ist nur ein Beispiel von vielen Innovationen, die zukünftig das Wachstum befeuern. Letztendlich sorgt auch die gestiegene Akzeptanz in der Bevölkerung für Esport und die frühere Sensibilisierung bereits im Kindesalter für weitere Wachstumsschübe. Insgesamt wird es weiter steil nach oben gehen.

Gleichzeitig macht es mich traurig und wütend zugleich, dass immer noch viel Potential ungenutzt bleibt. Dies gilt insbesondere für Counter-Strike. Während Turnierveranstalter wie die ESL, ELEAGUE oder die DreamHack in den vergangenen Jahren meines Erachtens bei der Optimierung und Weiterentwicklung der Produktionen einen hervorragenden Job gemacht haben, hat Valve hier nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Betrachtet man die Preisgelder von Dota 2, wird offensichtlich, dass hier eine große Lücke besteht, die nicht mit der aktiven Spielerzahl zu erklären ist. Vielmehr liegt es an politischen Entscheidungen beim Publisher, die ich als völlig unverständlich empfinde. Die Einführung der “Skins” war damals eine absolute Innovation und hat das Spiel nach vorne katapultiert. Auch die Idee, Team- und Playersticker zu integrieren und die Teams an den Umsätzen partizipieren zu lassen, war der richtige Schritt. Aber seitdem steht die Entwicklung, mit Ausnahme mancher, teils fragwürdiger Updates, still.

Dabei mangelt es mit Sicherheit nicht an Ideen und Möglichkeiten. Wo bleiben zusätzliche Crowdfunding Mechanismen, wie sie es bei Dota 2 längst gibt? Neben deutlich erhöhten Preisgeldern könnte zusätzlich in eine verbesserte Produktion oder eine langfristig terminierte Turnierserie investiert werden, die den Teams und Organisationen mehr Planungssicherheit bieten könnte. Wieso gibt es im Bereich des Crowdfundings oder der digitalen Güter, und der damit verbundenen Möglichkeiten, kaum Innovation? Wo bleiben Team-Shops mit eigenen digitalen Fan-Artikeln oder eine mit Preisgeld versehene Turnierserie für Amateure? All dies wäre möglich. Wann kommt endlich die Weiterentwicklung der Matchmaking- und Ranking-Funktion? Wie kann es sein, dass hier seit Jahren nichts passiert? Wieso werden die Stimmen der vielen Profispieler und Experten nicht gehört? Leider bleibt uns Valve hier Antworten schuldig. Es gibt keine nachvollziehbaren Gründe, die diese Unternehmenspolitik erklären könnte. Ich hoffe, hier findet in naher Zukunft ein Umdenken statt. Dieser Umstand bremst Counter-Strike und den Esport im Allgemeinen.


Welche Tipps kannst du Fans geben, die gerne eine Karriere in deinem Arbeitsfeld verfolgen möchten?


Ich empfehle jedem, der sich eine Karriere im Esport vorstellen kann, zunächst einmal erste praktische Erfahrungen in einer professionellen oder semi-professionellen Organisation im jeweiligen Interessenfeld zu sammeln. Hierauf lässt sich in vielfältiger Weise aufbauen. Neben der gewonnenen Erfahrung lernt man auch eine Menge neuer Kontakte kennen, und Kontakte öffnen bekanntlich Türen. Mit dem richtigen Ehrgeiz und Einsatzwillen landet man schnell an der richtigen Stelle!








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99Behind the Scenes #11 - Der Investor
99Behind the Scenes #10 - Die Anticheat Coder
99Behind the Scenes #9 - Der Cheatcoder
99Behind the Scenes #8 - Der Sales Operations Manager
99Behind the Scenes #7 - Der PR Manager
99Behind the Scenes #6 - Der Content Creator (Skins)
99Behind the Scenes #5 - Die Fotografin
99Behind the Scenes #4 - Der Observer
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