Geposted von vdr,
Bereits im Vorfeld der Playoffs zur ESL Wintermeisterschaft 2017 brodelte es gewaltig in der hiesigen CS:GO-Gerüchteküche. Grund dafür waren lautgewordene Anschuldigungen bezüglich eines möglichen Betrugsversuches am letzten Spieltag der regulären Saison. Um es vorwegzunehmen: Die betroffenen Organisationen und auch die Spieler selbst haben den Vorfall schnell beigelegt und sich gemeinsam darauf geeinigt, den Verstoß nicht öffentlich zu machen. Dennoch wurden Informationen durch Dritte während der Finals in Stuttgart veröffentlicht, denen sich nun auch 99Damage annehmen und einen sachlichen Ablauf der Geschehenisse abbilden möchte.

Der Ausgangspunkt

Erstmals kontaktiert von einem Team-Verantwortlichen von EURONICS Gaming am 12. Dezember 2017, wurde 99Damage vor dem Beginn der Offline-Finals ein Vorfall gemeldet, der sich am letzten Meisterschaftsspieltag der regulären Saison ereignete.

Vor dem Spiel zwischen ESG und DIVIZON am 27. November 2017 soll sich der Spieler Robin 'ScrunK' Röpke unerlaubt Zugriff auf den FTP-Server von EURONICS Gaming verschafft und dadurch internes Material sowie Demos erhalten haben. Unter anderem seien auch Taktiken ausgespäht worden, die unmittelbar vor dem Match gegen DIVIZON gespielt und später im eigentlichen Match angewendet wurden.

Bereits während des Spiels kamen seitens ESG Zweifel auf, woraufhin Nachforschungen angestellt wurden, die eindeutig belegen konnten, dass die unbekannte IP-Adresse auf ScrunK zurückzuführen sei, so der Ansprechpartner gegenüber 99Damage. ScrunK habe durch einen Hinweis des Planetkey Dynamics-Spielers Marcus 'J0hnny' Gabriel davon erfahren, dass er noch Zugang zu besagtem Server habe und auf die Daten zugreifen könne. Beide Spieler trugen schon in der Vergangenheit das ESG-Dress.

Der Vorfall wurde umgehend an die ESL gemeldet, die allerdings keinerlei Handlungsspielraum gehabt habe, da es sich bei den IP-Adressen um Fremddaten handle, die für eine Regelwidrigkeit keine Aussagekraft hätten. Durch eine persönliche Konfrontation mit ScrunK selbst gab dieser den Vorfall später zu und äußerte sich diesbezüglich auch gegenüber der ESL, so die Quelle. Da es im Regelwerk keine Auslegung eines solchen Vorfalles gebe, versah man das Team von DIVIZON am 4. Dezember 2017 mit einem Preisgeldabzug von sechs Prozent, was auf den unerlaubten und absichtlichen Zugriff von Fremddaten zurückzuführen sei. Zusätzlich ahndete DIVIZON seinen Spieler mit einem internen Strafmaß. ScrunK selbst entschuldigte sich umgehend bei allen Beteiligten und half selbst bei der Aufklärung der Vorkommnisse.

Die Organisation von EURONICS Gaming machte indes klar, dass die verpasste Playoff-Teilnahme nicht auf diesen Vorfall zurückzuführen sei, sondern bereits während der Saison verspielt wurde. DIVIZON habe sich darüber hinaus im Sinne der Aufklärung stets vorbildlich verhalten und schon in den ersten gemeinsamen Gesprächen verdeutlicht, dass man jede Strafe akzeptieren wolle.

Weitreichende Folgen

Dennoch verpasste ESG damit die Finalspiele um nur einen Punkt und musste erhebliche finanzielle Nachteile in Kauf nehmen, während PKD sich einen Vorteil verschaffen und für die Playoffs qualifizieren konnte. Hinzu kommt, dass der Vizemeister DIVIZON neben dem Preisgeld, das auch nach Abzug der sechs Prozent (umgerechnet 330 Euro) noch beachtlich erscheint, einen Spot für die kommende MDL Season erhalten hat und somit im nächsten Jahr auf internationaler Bühne spielen darf.

Auf Nachfrage stellte uns die ESL ein Statement zum gesamten Vorfall zur Verfügung. Bekannt ist außerdem, dass die Ligaleitung am 13. Januar 2018 ein Treffen aller Team-Verantwortlichen der Meisterschaft geplant habe, bei dem über Regelanpassungen gesprochen und an die sportliche Fairness aller Beteiligten appelliert werden soll.

Statement Christopher "Flato" Flato, PR-Manager ESL Deutschland:

Für uns steht die Integrität des Wettbewerbs und die Einhaltung der gleichen Voraussetzung für alle Teilnehmer an oberster Stelle.

Wir verkünden grundsätzlich keine Strafen oder veröffentlichen Regelverstöße, es sei denn sie führen zu einer Disqualifikation. Die betroffenen Teams wurden natürlich sofort informiert und die ausgesprochenen Strafpunkte können intern auch von allen Teilnehmern eingesehen werden.

Nachdem beide Teams den Disput rasch beigelegt hatten, haben sich die Teams gemeinsam darauf geeinigt, den Verstoß nicht öffentlich zu machen. Allerdings wurde diese Information schlussendlich doch von Spielern über Dritte kommuniziert.


Auch beteiligte Spieler und Verantwortliche äußerten sich bereits. Die beigefügten Zitate gelten jedoch nicht als offizielles Statement, sondern wurden unserem Forum entnommen.

Aussage Dennis "Tunix" Schmidt, CEO DIVIZON:

Als wir von Euronics Gaming mit den Vorwürfen konfrontiert wurden, haben wir schnellmöglich persönliche und professionelle Gespräche mit Euronics und der ESL geführt, um schnell diesen Vorfall klären zu können.

Nach den Gesprächen haben wir intern ein Gespräch mit ScrunK geführt, welcher am gleichen Tage ein schriftliches Statement mit allen Informationen verfasst hat, um den Vorfall schnellstmöglich aufzuklären. Daraufhin hatte die ESL alle Informationen und konnte über den Fall entsprechend urteilen.

Das Ganze wurde als Unsportlichkeit bewertet und mit einem Preisgeldabzug von 6% bestraft.

Wir als DIVIZON sehen darin ebenfalls eine Unsportlichkeit und werden deshalb intern diesen Vorfall ebenfalls mit einer Vertragsstrafe belegen. ScrunK hat sich schon vor und an den Finals bei dem Großteil der beteiligten Personen für den Vorfall entschuldigt.

Ich hoffe, dass ich mit diesem Statement nochmal etwas Licht ins Dunkle bringen konnte und bedanke mich bei Euronics Gaming sowie der ESL für die professionellen und offenen Gespräche.


Aussage Robin 'ScrunK' Röpke, Spieler DIVIZON:

So, ich werde mich nun auch einmal zu der ganzen Geschichte äußern.
Ich habe mich schon bei den Akteuren von ESG und bei der ESL für dieses Verhalten entschuldigt.
Als ESG quasi einen Protest diesbezüglich eingeleitet hat, habe ich direkt dafür gesorgt, dass die Wahrheit die zuständigen erreicht und keine Person geschützt, sondern die komplette Wahrheit geschildert. Die ESL hatte alle Informationen zu diesem Fall und hat dementsprechend gehandelt. Das Urteil der ESL kann ich als Spieler nicht beeinflussen.

Die Entscheidung hätte auch wesentlich schlimmer kommen können und wir hätten sie akzeptiert. Denn ich habe direkt eingesehen, als mich nachdem Match die ersten ESG Spieler angeschrieben haben, was für eine dumme Aktion das war und dass es absolut nichts ist, womit ich mich identifiziere.
Obwohl ich auch bitte einmal darauf hinweisen möchte, dass sich jeder hier der uns Wettbewerbsverzerrung vorwirft, bitte einmal das Match anschauen sollte. Wir hatten lediglich die Informationen über die Pistol-Rounds von ESG, welche sie dann auch bestraft haben, weil sie wussten, dass wir die Demos hatten und dementsprechend unseren Anti gecountert haben.

Wir haben Cbble zwar 16:14 gewonnen, aber keiner hier kann sagen, ob die Demos den entscheidenden Unterschied gemacht haben. Denn ESG hat nicht ihr Spiel gespielt (laut eigener Aussage) aufgrund dessen, dass sie dachten, dass wir alles wussten (Wir wussten nur von den Pistol-Rounds) und wir werden nicht wissen, ob wir dieses Spiel nicht auch ohne diesen ganzen Vorfall gewonnen hätten. Fakt ist, man kann dies nicht einfach so sagen.

Ob dies eine härtere Strafe mit sich hätte ziehen sollen oder gar ein Wiederholungsmatch, das weiß ich nicht und darüber könnt ihr gerne diskutieren, wenn ihr wollt. Aber wer behauptet, dass wir nur aufgrund dessen gewonnen haben, der möge sich bitte das Match anschauen und der wird sehen, dass beide Teams, viele Runden extrem schlecht ausgespielt haben.

Es tut mir sehr leid, denn ich lege eigentlich sehr großen Wert auf Fairplay, aber ich habe nicht rational gehandelt, als ich die Entscheidung die Demos über den Link, der mir aus dem ESG Teamspeak geschickt wurde, herunterzuladen, getroffen habe. Es waren Emotionen in mir aufgrund einiger Dinge, die vorher mit bestimmten ESG Spielern vorgefallen sind. Das rechtfertigt das ganze nicht, das weiß ich auch.
Ich möchte mich hiermit bei all meinen Supportern entschuldigen.


Kommentare