Geposted von spawnYzn,
Mitte dieses Jahres, etwa um den Juli herum, gab es eine große Empörungswelle rund um CS:GO-Gambling. Ein bis dahin heiß diskutiertes Thema, war es doch teilweise für Bestechungen, Spielmanipulationen und versuchte Spielabbrüche durch DDOS-Angriffe verantwortlich. Jeder wollte sich am Glücksspiel bereichern, so auch zwei YouTuber, die ihre Fans absichtlich täuschten und auf ihre eigene Glücksspielseite lockten. Es kamen einige Beweise ans Licht. So wurden zum Beispiel Logdateien aus Skypechats zwischen James 'Phantoml0rd' Varga und seinem Leadcoder für CSGO Shuffle - eine Glücksspielseite die ihm gehörte - an Richard Lewis geleakt, in dem der Streamer mehrfach um die Manipulation der Gewinnchancen zu seinen Gunsten bestand. Damit sollte den Zuschauern vor Augen geführt werden, wie toll die Seite ist, wie einfach man gewinnen kann und wie schnell sich damit Skins und Geld verdienen lassen.

Werbung in eigener Sache?

Etwas langsamer ließen es Trevor 'TmarTn' Martin und Thomas 'ProSyndicate' Cassell angehen. Die beiden manipulierten zwar nicht - soweit bekannt - den Ausgang der Glücksspiele, beworben ihre eigene Seite "CSGO Lotto" dafür auf ihren YouTube-Kanälen und Livestreams aggressiv. So hypte TmarTn die Seite, seine Gewinne und ließ es eindeutig so aussehen, als hätte er sie durch Zufall entdeckt und stünde nicht mit ihr in Verbindung.

Auch ProSyndicate schlug in die gleiche Kerbe und bewarb die eigene Glücksspielseite in einer überwältigenden Anzahl von Videos. Ein Zeichen der Zeit, auf das auch Twitch reagierte, indem es Case Openings und andere Glücksspiele von seinen Streams verbannte, da es eine große Anzahl von Streamern gab, die kaum noch etwas anderes machten.



Kaum verwunderlich, dass die beiden verklagt wurden. Da half es auch nicht, dass TmarTn versuchte, alles unter den Teppich zu kehren. Erst wurde großspurig behauptet, dass es stets öffentlich bekannt war, dass er Besitzer von "CSGO Lotto" war - war es nicht - und er ebenfalls in seinen Videos immer darauf hingewiesen hat - hat er nicht. Dann editierte er die Beschreibungstexte seiner alten YouTube-Videos, nur damit er damit aufflog. Denn durch alte Sitecaches war das Original ohne Hinweistext, dass er Eigentümer von "CSGO Lotto" ist, immer noch abrufbar.

In dubio pro reo

Natürlich nahm er dann auch alle Videos komplett offline, genauso wie sein manipulativer Versuch der Entschuldigung - er wollte sich ein wenig von seiner menschlichen Seite zeigen, in dem er zu Beginn des Videos ganz süß und knuffig mit seinem Hund spielte. Nicht zu vergessen, dass er dort ein Schuldeingeständnis abgab. Da hat ihm sein Anwalt aber wohl schnell klar gemacht, dass das nicht gerade vorteilhaft für seine Verteidigung ist.

Letztlich dauerte das Verfahren einige Monate und im September ließ dann die Federal Trade Commission (FTC) verlauten, dass beide Betreiber sich zwar falsch verhalten und ihre Kunden getäuscht haben, aber weder eine Geld-, noch Bewährungs- oder Freiheitsstrafe verhängt wird. Mit Letzterem hat wohl auch niemand ernsthaft gerechnet und durch das Fehlen von Beweisen, dass eventuell die Gewinnchancen manipuliert werden konnten, wäre das auch nicht wirklich gerechtfertigt. Aber trotzdem hatte dieser Quasi-Freispruch ein bitteres Geschmäckle.

Dazu muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die beiden damit nicht komplett vom Haken sind. Es gelten nun strenge Auflagen - zusätzlich zum "Du, du, du!"-Zeigefinger der FTC. Sie müssen in Zukunft alle Verbindungen, von Besitz bis Sponsoring, eindeutig, unmissverständlich und unübersehbar darstellen, unabhängig welches Medium dabei genutzt wird.

Um sicher zu gehen, dass das auch geschieht, müssen Aufzeichnungen zu all diesen Vorgängen angefertigt werden. Etwa wie eine Buchhaltung, in der alle finanziellen Verbindungen aufgeführt werden sowie, dass diese öffentlich bekannt gemacht wurden. Ein Verstoß wird dann mit 40.000 US-Dollar bestraft.

Abgesehen davon konnten TmarTn und ProSyndicate aufatmen. Keine Strafe, kein Schuldeingeständnis und keine zivilrechtlichen Klagen werden auf sie zukommen. Immerhin sei die FTC nicht dazu da, drakonische Strafen zu verhängen und schon gar nicht beim ersten Verstoß, so die Aussage einer Mitarbeitern gegenüber dem Rolling Stone.

Zweifelhafte Machenschaften

Nachdem das Urteil öffentlich bekanntgegeben wurde, ließ die FTC noch die Möglichkeit zu, Kommentare abzugeben. Zwar fielen diese negativ aus und sollten die FTC zum Überdenken bewegen, da es aber nur ganze drei Stück waren, wurde nun abschließend das Urteil so beibehalten. Die beiden verstießen zwar eindeutig gegen die Regeln zur Offenlegung, aber mehr als die oben genannten Auflagen waren laut FTC nicht nötig. Damit ist das Urteil final und die beiden können sich freuen, dass offenbar genug Zeit vergangen ist, um Gras über die Sache wachsen zu lassen.


So wurde TmarTn zum Beispiel von Activision offiziell als Werbepartner und Influencer zur Promotion von Call of Duty: World War II eingesetzt. So schnell vergisst man also, wie schäbig sich manche "YouTube Persönlichkeiten" verhalten. Ein eindeutiges Eingeständnis. Statt den mehrfachen Vertuschungsversuchen hätte man da vielleicht etwas retten können, so aber nicht.

Bitter ist an der ganzen Angelegenheit, dass vor allem Kinder und Jugendliche schnell einer Glücksspielsucht verfallen können. Da die Hürde durch das Internet und den Wetten per virtuellen Gegenständen besonders gering ist, ist eine Kontrolle, zum Beispiel durch die Eltern, besonders schwer.

Jugendschutz? Fehlanzeige!

Hier (1, 2) und da (3, 4) war bereits auf Reddit von Fällen zu lesen, in denen eindeutig von Sucht und Kontrollverlust aufgrund der aktuellen Trends zu Lootboxen und Microtransactions die Sprache war. Zuletzt veröffentlichte Kotaku einen Artikel, in dem ein 19-Jähriger über 10.000 US-Dollar an Microtransactions ausgegeben hat.

Mal abgesehen von der ganzen Lootbox-Kontroverse, die in den letzten Wochen - EA sei Dank - für besonders große Wellen gesorgt und erste Anstrengung zur gesetzlichen Regelung angestoßen hat, ist Gambling eines der ernstzunehmendsten Probleme der aktuellen Videospielwelt. Erst kürzlich fand eine britische Umfrage heraus, dass bereits Kinder zwischen 11 und 16 Jahren an Glücksspielen teilnehmen.

Zwar sind es laut der UK Gambling Commission nur 11 Prozent, die im vergangenen Monat aktiv virtuelle Gegenstände als Wetteinsätze nutzten, doch generell hätten bereits 20 Prozent der Jungen damit Erfahrungen gemacht.

Dass dann Influencer wie TmarTn und ProSyndicate, deren Publikum sich erfahrungsgemäß aus einem eher jüngeren Zielpublikum zusammensetzt, ihre Stellung und ihren Einfluss nutzen, diese auf ihre eigene Glücksspielseite zu lenken, ist besonders verwerflich. Vor allem, weil die deutlich überwiegende Mehrheit keine echten Schutzfunktionen eingebaut hat, um das Glücksspiel ausschließlich Erwachsenen zugänglich zu machen.

Ein Resümee

Was bleibt also übrig? Resignation. Natürlich wurde das Ausmaß durch Valve und Twitch zurückgedrängt, aber es existieren immer noch verschiedene Formen von Gamblingsites, auch wenn diese nicht mehr so populär sind wie vorher.

Die Mechanismen sind aber noch die gleichen, ebenso wie der fehlende Jugendschutz. Dass zwei der bekanntesten Gesichter quasi straffrei davonkommen, dürfte für die restlichen Betreiber wohl alles andere als ein abschreckendes Exempel sein.

Ein Lichtblick ist jedoch, dass zumindest Lootboxen und ähnliche Systeme endlich im Mainstream diskutiert werden, ob es hier genug Druck gibt, um diese zu regulieren, steht auf einem anderen Blatt.

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