Geposted von Zorkaa,
Die Kritik am Major-System war beim ELEAGUE Major: Boston 2018 gigantisch. Doch wie steht es um Quantum Bellator Fire, AVANGAR und Vega Squadron? Haben sie die Chance wenigstens genutzt?

Are you fucking joking?


So beschrieb Ex-Profi, Analyst und Caster Chad 'SPUNJ' Burchill die Ziehung der letzten Swiss-Runde der New Challengers Stage beim Boston Major.

Schon in den letzten Jahren gab es viel Kritik am CIS-Minor. Seit der ESL One Cologne 2016 haben sich zwei Teams aus dem CIS-Minor für den Major-Qualifier qualifiziert. Für die Community und Experten zuviel, wenn man bedenkt, wie hochkarätig der EU-Minor Jahr für Jahr besetzt ist.

Allerdings kamen beim Boston Major verschiedene Faktoren zusammen, die das Fass zum Überlaufen brachten. So gehörte der Offline-Qualifier neuerdings zum Major, inklusive Sticker. Für einen lauten Teil der Community entehrte es das Prestige des Majors. Außerdem wurde das Swiss-System benutzt, dass auch bei diesem Event einige Upsets hervorbringen sollte.

Quantum Bellator Fires Siege
QBF 16:13 Flash Gaming
QBF 16:12 Team EnVyUs (ohne Starspieler RpK)
QBF 16:6 AVANGAR
AVANGARs Siege
AVANGAR 16:7 Flipsid3
AVANGAR 16:13 Misfits
AVANGAR 16:10 Renegades

Beiden Teams wurde während der New Challengers Stage einer der einfachsten Wege bis in die letzte Runde geebnet. Als die beiden CIS-Teams dann gegeneinander gelost wurden, und somit vertretbarerweise drei als besser angesehenen Teams entgehen konnten, hat es für viele den Vogel abgeschossen. QBF hat es somit auf das "richtige" Major geschafft.

Bei Vega Squadron wurde erneut die Kritik am Legenden-System laut. Sie haben vergleichsweise wenig zwischen den Majors erreicht und waren in Boston trotzdem in der New Legends Stage gesetzt. Auch wenn das CIS-Team gegen das geschwächte North und Team Liquid gewann, ging man in den Matches gegen die starken Teams Cloud9, FaZe Clan und mouz gnadenlos unter.

In der Legends Stage gewann QBF gegen "VP kurz vor dem Wechsel," ein "enttäuschendes" Gambit und "glücklich" im Best-of-One gegen das "inkonstante" mousesports. Die Sensation war geglückt, doch nahm Natus Vincere QBF wie erwartet im Viertelfinale auseinander.

Der CIS-Minor als Sprungbrett

Es lässt sich nicht verneinen, dass Quantum Bellator Fire, AVANGAR und Vega Squadron einen begünstigten Weg hatten. Vom CIS-Minor bis zum Gruppenlos und Glück durch Stand-Ins der Gegner. Dennoch ist es nun nach dem Major wichtiger, darauf zu schauen, wie sie diese Chance nutzen und um ein erstes Resümee zu ziehen, inwiefern die CIS-Teams dadurch wachsen und profitieren können.

Die Aktivität ist eines der größten Mankos der Experten und Community. Das Paradebeispiel ist Flipsid3 Tactics. Das Team hat innerhalb der 12 Monate zwischen dem ELEAGUE Major 2017 und ELEAGUE Major: Boston 2018 lediglich zwei größere LANs gespielt: Die regionale Adrenaline Cyber League 2017 und die Global Challenge LAN. Das liegt zum einen an den wenigen Invites, die CIS-Teams unter Natus Vincere oder Gambit Esports bekommen, gleichzeitig aber auch an der Schwierigkeit, sich gegen die starken Teams in EU-Qualifiern durchzusetzten.

Vega Squadron: Überraschungsvorteil verflogen

Obwohl Vega Squadron schon das eine oder andere Mal auf LAN gesehen wurde, überraschte das CIS-Team beim Boston Major sämtliche Teams und Analysts. Das Team spielte mit einer Selbstverständlichkeit und mit einer Brust, die breiter nicht hätte sein können.

Selbst gegen AWP-Veteranen wie Ladislav 'GuardiaN' Kovács oder Kenny 'kennyS' Schrub ließ es sich Dmitriy 'jR' Chervak nicht nehmen, Runde für Runde das Duell zu suchen.

Allerdings erweckte es den Eindruck, dass dieser aggressive und "Wir haben nichts zu verlieren"-Spielstil schon in der New Legends Stage enttarnt und somit das eigentlich geringere Level kaschiert wurde. Das wurde auch auf den folgenden LANs deutlich.


Denn unter den drei CIS-Teams hat Vega die besten LAN-Möglichkeiten bekommen. Es gab einen direkten Invite zum cs_summit #2, wo Pavel 'hutji' Lashkov und sein Team von North überrollt wurden. Im Lower-Bracket verlor man sogar mit 0:2 gegen Torqued und belegte somit den letzten Platz. Ähnlich verhielt es sich auch beim StarLadder & ImbaTV Invitational in China, wo man nach Niederlagen gegen TYLOO und MVP PK auch schon frühzeitig die Koffer packen musste.

Online war Vega vergleichsweise inaktiv. Während sie im SL i-League StarSeries Season #4-Qualifier in Halbfinale an den HellRaisers scheiterten, blamierte man sich bei der ECS Season 5-Qualifikation gegen Dmitry 'hooch' Bogdanovs Elements Pro Gaming.

Quantum Bellator Fire: Wenig Chancen aber bemüht

Es war unmöglich, den Major-Run zu erwarten. Auch wenn das Lineup in dieser Konstellation erst seit Ende letzten Jahres steht, erreichte Quantum Bellator Fire bis auf den zweiten Platz beim CIS-Minor herzlich wenig.

Es wurden vor dem Major der Online-Qualifier für das cs_summit #2 und der Offline-Qualifier in Barcelona für die WESG sowie zahlreiche Cups gespielt.

waterfaLLZ: "It's our dream, we're just chasing our dream"


Auch nach Boston nehmen Nikita 'waterfaLLZ' Matveev und sein Team an vielen Online-Qualifiern teil. Die Platzierungen haben sich zwar deutlich verbessert, allerdings scheint dem Team noch das letzte Quäntchen zu fehlen. Gegen CR4ZY und Red Reserve scheiterte QBF jeweils im vorletzten Spiel vor der erfolgreichen Qualifikation für die CORSAIR DreamHack Masters Marseille 2018 und die StarSeries Season #5. Allerdings hat sich der CIS-Mix in die Playoffs der ESEA Main gespielt, wo es um den Aufstieg in die MDL geht.

Die erste LAN-Erfahrung nach dem Major war eine zum Vergessen. QBF wurde zu einer regionalen LAN in St. Petersburg eingeladen, verlor jedoch schon in der ersten Runde gegen das Mix-Team LAN DODGERS.


Obwohl das CIS-Team sogar den Legenden-Status erreicht hat, hat es im Gegensatz zu Vega nur einen internationalen Invite bekommen. Auf den Copenhagen Games 2018 hat sich QBF jedoch nicht mit Ruhm bekleckert. Gegen Valiance und Windigo Gaming, vermeintlich schlagbare Gegner, verlor das Team erst mit 14:16, dann in Overtime mit 19:22 den eigenen Map-Pick und die komplette Serie - erneut fehlten dem Team die letzten Prozente. Mit der 1:2 Niederlage gegen North ist QBF ohne Sieg in der Gruppenphase ausgeschieden.

AVANGAR: Ehre, wem Ehre gebührt

117 Stunden haben die Jungs von AVANGAR in den letzten zwei Wochen im Durchschnitt gespielt. Das wird auch der Trend während der gesamten Zeit nach dem Major gewesen sein. Denn in Kasachstan hat man das eigene Glück in die Hand genommen.

Dzhami 'Jame' Ali und sein Team gewannen nach Boston sofort einen Online-CIS-Cup und damit knapp 4.500 US-Dollar. Wenig später gelang die Qualifikation für die IEM Katowice 2018 über einen Qualifier, dessen Teilnehmerfeld nicht stärker hätte sein können. Auf dem Weg nach Polen schlug AVANGAR Red Reserve, ALTERNATE aTTaX, GODSENT, Space Soldiers, mousesports und AGO.

Auch wenn sich die Kasachen aus eigener Kraft zu einem Tier 1-Event spielen konnten, verlor das Vollzeit-Team gegen SK Gaming und die Renegades.

Qikert: Fulltime? Ja. 24/7. Den ganzen Tag.

Für AVANGAR ging es zurück zum Online-Grind: Ähnlich wie QBF scheiterten Alexey 'qikert' Golubev und Co. jeweils im Halbfinale des Open Qualifiers für die DH Marseille und IEM Sydney. Zuletzt gewann das CIS-Team jedoch erneut einen regionalen Online-Cup, der knapp 3.700 US-Dollar in die Kassen spült.

Im direkten Vergleich spielt AVANGAR am meisten, das Team gewinnt die meisten regionalen Cups und die Kasachen konnten ihren Bemühungen mit der Qualifikation für Kattowitz die Krone aufsetzten. Timur 'buster' Tulepov und Co. kamen bisher jedoch noch nicht in den Genuss eines internationalen Invites wie QBF oder Vega.

Tauziehen statt Zusammenarbeit

Mit sechs Teams waren sogar mehr CIS-Teams bei einem Major, als je zuvor. Darunter vier in der New Legends Stage, was als positive Entwicklung zu deuten ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das ELEAGUE Major: Boston 2018 den CIS-Teams jedoch noch nicht den gewünschten Start in den internationale Szene bereitet hat. Wie auch?

flamie: "I think our region is becoming more powerful and very strong, as you can see there [at the Major] are more CIS teams than any other country, any other region."


Der wilde Online-Westen ist noch immer eine enorme Hürde - Teams wie die Ninjas in Pyjamas können davon ein Lied singen - und deswegen ist es umso bedauerlicher, dass die kleineren europäischen LANs, wie die DreamHack Opens, Tier 2-Teams aus der CIS-Region nicht einladen oder keinen CIS-Qualifier einrichten.

Währenddessen haben Teams wie Gale Force Esports oder Tempo Storm aufgrund des Austragungsortes Invites erhalten. Die DreamHack Valencia 2017 hatte sogar einen Iberia-Qualifier.

Es wäre verschwendetes Potenzial, wenn Valve der CIS-Szene mit den Majors auf der einen Seite die Möglichkeit gibt, sich international zu präsentieren, es aber keine weiteren Möglichkeiten für diese Teams gibt. Selbst die in Kiev stattfindenden StarLadder & i-League StarSeries Seasons haben lediglich europäische Qualifier. Die direkten Invites für CIS-Teams sind in praktisch allen Fällen Natus Vincere und Gambit Esports vorbehalten - die Teams darunter verhungern und können die Chance erst gar nicht nutzen.

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