Geposted von kristinvonb,
Der deutschen Esport-Szene mangelt es an Nachwuchstalenten. Lokale Esport-Vereine könnten nun eine Lösung darstellen. Wir haben mit zwei Experten gesprochen. In Deutschland will der hessische Innenminister Peter Beuth den Begriff Esport "ausradieren", während in Dänemark der Ministerpräsident ein Counter-Strike-Turnier eröffnet. Wenn es um kompetitives Gaming geht, lebt die Bundesrepublik in dieser Hinsicht im Vergleich mit manchen Nachbarländern noch in der Steinzeit. Die wichtigste Auswirkung dabei: Es fehlt der deutschen Szene an Nachwuchs.

BIG, das eigentlich auf ein ausschließlich deutsches Lineup schwor, importierte mit Owen 'smooya' Butterfield eine AWP aus England. "Wir wollten ein hervorragendes Talent für unsere super wichtige AWP-Rolle und haben nach der besten Lösung für das Team gesucht. Aktuell haben wir solch ein spezielles Talent aber nicht in Deutschland finden können", erläuterte Christian Lenz, CGO bei BIG, die Entscheidung bei der Verpflichtung von Smooya. Auch ALTERNATE aTTaX setzte mit dem ehemaligen Lineup auf zwei Dänen.

Das versprechen lokale Esport-Vereine

Feste Strukturen, ähnlich wie in Dänemark, könnten die Lösung für das Nachwuchsproblem darstellen. In Deutschland gibt es unter dem Niveau der 99Damage Liga und der ESL Meisterschaft kaum professionelle Förderungsmöglichkeiten für Spieler.

Um gegen dieses Problem anzugehen, hat Martin Müller einen lokalen Esport-Verein in Magdeburg gegründet. "Für mich war das ein logischer Schritt. Ich kannte zu wenig Leute in meiner Umgebung, mit denen man hätte zocken können und wollte das ändern. Wir wollten allerdings etwas mit Struktur und haben uns deswegen für einen Verein entschieden", erzählte er uns über die Gründung.


Das Prinzip ist fast dasselbe wie im klassischen Sport: Mitglieder bekommen hier die Möglichkeit, sich wöchentlich im Vereinsheim zu treffen und gemeinsam zu trainieren. Nur geht es hier um Esport und nicht um Fußball, Basketball oder andere Sportarten. Das Ganze wird von einem ausgebildeten Coach begleitet.

Verstärktes "Wir-Gefühl"

Lokale Esport-Vereine mit unterschiedlichsten Angeboten existieren mittlerweile in ganz Deutschland. Solch eine Chance, gemeinsam in einem Raum zu sitzen, ein Spiel zu spielen und von einem Coach unterstützt zu werden, gibt es für deutsche Amateure bisher bei keinen anderen Projekten.

"Dabei glaube ich aber, dass Präsenztrainings viel effektiver sind. Spieler lernen so nämlich von Anfang an, im Team zu spielen", führt Martin Müller weiter aus.

Auch Maximilian Breier sieht große Vorteile in dem Konzept der lokalen Esport-Vereine: "Der große Unterschied ist, dass unsere lokalen Teams einen Trainingsraum vor Ort haben und somit das 'Wir-Gefühl' ausgeprägter ist, da man sich häufiger sieht. Der Teamspirit ist einfach ein ganz anderer."

Der 26-Jährige ist Head of CS:GO für eSport Rhein-Neckar, der Esport-Abteilung des TSV Oftersheim. Er stieg vor wenigen Wochen mit seinem Team in die erste Division der 99Damage Liga auf.


Aufklärungsarbeit für CS, PUBG und Co.

Martin Müller und Maximilian Breier geht es aber nicht nur um die Jugendförderung. Beide klären zusätzlich über Esport auf: "Bei uns kommen regelmäßig Eltern vorbei und wollen sich informieren", erklärt Martin Müller. "Einmal kam eine Mutter mit psychologischem Hintergrund vorbei, sie beschäftigt sich beruflich mit dem Thema Suchtverhalten. Ihr Kind wollte Fortnite spielen, die Mutter wollte sich das aber zuvor erst einmal angucken. Sie war am Ende sogar begeistert von unserem Vereinsheim. Sie fand es toll, dass es so etwas gibt und Kinder hier gemeinsam ihrem Hobby nachgehen können."

Vor allem Shootern wie Counter-Strike, PUBG und Co. kommt diese Aufklärungsarbeit zugute, da sie teilweise noch immer bei Eltern und Politikern verpönt sind. Vielleicht trägt diese Arbeit irgendwann sogar dazu bei, dass man den Esport in Deutschland nicht mehr "ausradieren" will.

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