Geposted von EddieCochran,
ALTERNATE aTTaX hat sich mit Sabit 'mirbit' Coktasar und Robin 'ScrunK' Röpke neu aufgestellt. 99Damage spricht mit aTTaX' Project Manager Stephan 'Scars' Barth über den Wandel des Spielstils, die Ziele der Organisation und den Abschied von Starspielern. Die Stunde Null war bei ALTERNATE aTTaX nach dem Weggang seines Starspielers Mateusz 'mantuu' Wilczewski im Dezember des vergangenen Jahres angebrochen. Gravierend sei der Einschnitt vor dem Saisonbeginn im Januar gewesen, sagt aTTaX‘ Project Manager Stephan Barth im Interview mit 99Damage.

Doch hinter dem großen Verlust verbarg sich zugleich die Chance einer Reformierung: „Unser Spiel hat sich seitdem merklich verändert. Die Last wird nun auf mehreren Schultern verteilt.“ Für mantuu kam mirbit ins Team, der bei Sprout bereits bewiesen hatte, was in ihm steckt. Aber mirbit füllt seine Rolle anders aus als mantuu.

Krise zu Saisonbeginn

Ein weiteres Puzzleteil des neuen aTTaX wurde wenig später ScrunK, der im Januar als Coach verpflichtet wurde. „Freilich wussten wir von dem Stigma Vize-ScrunK“, sagt Barth. Aber Scrunk rang dem aTTaX-Verantwortlichen vorher immer wieder Respekt ab. „Jedes Mal, wenn es gegen ScrunK ging, hat er uns mit unglaublichen Moves überrascht. Er ist bekannt für seine Dedication zum Spiel.“

Doch das neu aufgestellte ALTERNATE fand in der neuen Saison zunächst nicht in die Spur. „Es gab eine Phase, da ging es nicht weiter. Es musste etwas Neues her und deshalb habe ich mit Robin gesprochen“, sagt Barth. Danach war ScrunK wieder Spieler und Dustin 'DuDe' Großmann rückte in die Position des Analysten für aTTaX. Die Maßnahme hat sich gelohnt. Das Team wuchs zusammen und startete ab Mitte März eine Siegesserie. Unter anderem gewann aTTaX im April die ESEA Advanced S33 EU und im Mai die 99Damage Liga Saison #14.


Fungiert ScrunK nun als Spielertrainer? Stephan Barth verneint das: „ScrunK ist ein normaler Spieler wie die restlichen. Aber mit seinen 15.000 Spielstunden bringt er natürlich eine unheimlich große Erfahrung mit.“ Robin Röpke ist als Ingame-Leader das Mastermind des Teams, das weiterhin den größten Einfluss auf das Spielgeschehen von aTTaX ausübt.

Der Job des Coaches bleibt hingegen weiter vakant. „Falls sich eine gute Gelegenheit ergibt, werden wir jemanden verpflichten. Das passiert aber nur, wenn uns das auf ein höheres Level bringen kann. Derzeit gibt es keine aktive Suche“, sagt Barth.

Früher mit der Brechstange

Die aktuelle Situation wegen COVID 19 geht nicht spurlos an dem CS:GO-Team vorbei. Hohen psychischen Druck bringe das mit sich, weiß der aTTaX-Verantwortliche. Täglich stehen Training und Spiele auf dem Programm. ALTERNATE hatte auch bestimmt, dass die Spieler wegen der Ansteckungsgefahr nur online miteinander spielen.

Was Stephan Barth aktuell besonders freut, ist die wachsende spielerische Klasse: „Es wird immer angenehmer, Spiele zu schauen. Das Team ist als Einheit gewachsen und spielt strukturierter. Jeder hat auch den Anspruch, sich zu verbessern.“ Als Beispiel nennt er die Nutzung der Utility. „Früher haben wir eher die Brechstange benutzt und versucht, alles umzuschießen – nun erkennt man eine feinere Klinge und den taktischen Support untereinander.“

Dino der professionellen CS-Szene

Der spielerischen Verbesserung folgen die steigenden Ansprüche im internationalen Geschäft. ALTERNATE aTTaX will wieder in das Konzert der Großen. Dort waren die Lindener einst beheimatet. Mit mousesports gehört aTTaX zu den Dinos der professionellen CS-Szene in Deutschland. Seit 2003 mischen die Lindener im E-Sport mit, die sich zwischenzeitlich in Team ALTERNATE umbenannt hatten.



In den Namen mouz und ALTERNATE schwingen Tradition, legendäre Spieler und internationale Erfolge mit. „Natürlich ist aTTaX ein Riesenname“, sagt Stephan Barth. „Aber die Erfolge von früher kann man nicht mehr mit heute vergleichen. Im Vergleich zu mouz setzen wir uns andere Limits, zum Beispiel was die Spieler-Gehälter anbelangt. Auch BIG ist aktuell eine Klasse über uns.“

Doch ALTERNATE will sich soweit wie möglich wieder nach oben kämpfen. „Wir wollen das nächste Level erreichen“, versichert Barth mit fester Stimme. Was so einfach klingt, ist schwer zu verwirklichen. Denn die internationale Konkurrenz ist groß für das deutsche Team. Für den Erfolg auf internationaler Bühne hat aTTaX beispielsweise auf einen Start in der 99Damage Liga verzichtet. „Das Problem ist die Zeit“, sagt Barth. Was wohl meint, dass man durch den engen Terminplan und den Fokus auf das internationale Geschäft nicht auf allen Hochzeiten tanzen kann.


Aktuell sieht sich Barth in Deutschland mit Sprout auf Augenhöhe, mit denen aTTaX national um den zweiten Platz hinter BIG kämpft. In jüngster Vergangenheit gelangen ALTERNATE gegen die Sprösslinge zwei Siege in den Merkur Masters 2020 und in der ESEA Mountain Dew League S34 EU, dem steht eine Niederlage bei der ESL Meisterschaft Saison 1 2020 entgegen. „Wir wollen unseren Weg Schritt für Schritt gehen“, sagt der aTTaX-Verantwortliche. Und der Weg sieht aktuell positiv aus. Das Team zeigt seit März eine steile Formkurve nach oben und liegt bei HLTV derzeit auf dem 47. Platz mit einer Winrate von fast 70 Prozent.

Teil des Geschäfts

„Das ist wichtig für das Mindset“, sagt Barth. „Die Stimmung im Team ist gut und so staut sich kein Frust wegen einer Niederlagenserie an.“ Die Mischung im Team scheint zu stimmen. Neben den erfahrenen Spielern gibt es mit Marko 'kressy' Đorđević und Fritz 'slaxz-' Dietrich jene mit großem Entwicklungspotential. Dass das zu Begehrlichkeiten anderer Teams führen könnte, weiß Stephan Barth genau.


Früher hat es ihn emotional mitgenommen, wenn Spitzenspieler das Team verlassen hatten. Den Wechsel von Tizian 'tiziaN' Feldbusch nennt der aTTaX-Verantwortliche als Beispiel: „Das war ein einschneidendes Erlebnis und es war damals wirklich nicht angenehm für mich, weil tiziaN so lange bei aTTaX war. Aber ich habe gelernt, Gefühle und Emotionen aus dem Spiel zu lassen. Früher hatte ich tatsächlich Angst vor solchen Situationen, aber das ist Sport und heute sehe ich das nüchterner und als Teil des Geschäfts.“


Diesem Lernprozess ging auch die Erkenntnis einher, dass es keinen Sinn macht, Spieler gegen ihren Willen zu halten. „Das ist einfach schlecht für das Team, weil der Spieler seine Unzufriedenheit nicht verbergen kann. Dann entsteht ein Domino-Effekt“, sagt Stephan Barth. Sorgenfalten setzen sich auf die Stirn des aTTaX-Verantwortlichen, wenn er vom Nachwuchs in Deutschland spricht. „Wir haben zweifellos Talente, die man in kleineren Teams beobachten kann. Doch dem Potenzial steht des Öfteren die Mentalität im Weg.“

Leistung und Forderung im Missverhältnis

Stephan Barth redet Klartext: „Wenn man Twitter aufmacht oder in Foren schaut, dann habe ich keine Lust mehr auf einen Dialog. Viele deutsche Spieler neigen dazu, sich besser einzuschätzen, als sie sind. Das schreckt mich und mögliche andere Interessenten ab.“ Unter anderem deswegen unterhält aTTaX derzeit auch kein Nachwuchsteam. „Wenn Leistung und Forderung der Spieler in einem Missverhältnis stehen, dann sehe ich dazu aktuell keine Veranlassung. Schlechte Mentalität kann ein Team kaputtmachen.“


Für aTTaX geht es in den Saisonendspurt bis zur Spieler-Pause im Juli. Die Ergebnisse stimmen weiterhin. Zuletzt konnten die Mannen um IGL ScrunK wieder drei Siege in der MDL einfahren. Die Qualifikation zur ESL Pro League könnte in der nächsten Saison in Angriff genommen werden. Auf dem Weg dahin könnte man auf OG und damit mit mantuu auf einen alten Bekannten treffen.

Foto: ALTERNATE aTTaX

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