Geposted von EddieCochran,
Die aktuellen Cheating-Skandale werfen einen Schatten auf Counter-Strike und den E-Sport. Warum die CS:GO-Szene ein strukturelles Problem hat. Ein Kommentar. Graue Wolken hängen über Counter-Strike: Global Offensive. Wieder einmal. Betrug, Cheating und bald soll wohl auch ein Matchfixing-Skandal folgen, wenn man der Ankündigung der Esports Integrity Commission (ESIC) in dieser Woche glauben schenken mag. Näheres ist dazu noch nicht bekannt. Noch nicht.

Bekannt ist aber, dass Nicolai 'HUNDEN' Petersen, Ricardo 'dead' Sinigaglia und Aleksandr 'zoneR' Bogatiryev offenbar betrogen haben. Den Trainern wird vorgeworfen, während einiger Spiele ihrer Teams einen Bug genutzt zu haben, der ihnen unerlaubt Einsicht auf die Bewegungen des Gegners gegeben hat. Am Freitagnachmittag gesellte sich noch Faruk 'pita' Pita per Selbstanzeige hinzu. Zur Geisterstunde folgte Allan 'Rejin' Petersen.

Unverzeihliches Verhalten

Die Geister, die sie riefen, werden sie nun nicht mehr los. Die namhaften Coaches haben nicht im Training, im Scrim oder im Matchmaking betrogen. Was schon schlimm genug wäre. Nein, es waren professionell ausgetragene Spiele und Turniere, in denen es immer um viel geht. Beispielsweise um die Teilnahme am Major in Brasilien, um hunderttausende US-Dollar – und nicht zuletzt um das Ansehen als Sieger renommierter Wettbewerbe.

Doch schaut man zu solchen "Siegern" auf? Unverzeihlich ist das Verhalten von allen, die diesen Bug benutzt haben. Die Folgen sind verheerend. Für die Täter, die involvierten Teams und Spieler und den Ruf von Counter-Strike als professionellen E-Sport insgesamt.

Aber haben sich nicht alle schon daran gewöhnt? Ist Cheating in CS:GO nicht einfach Alltag? Ist es nicht so, dass Spieler stoisch vor ihren Rechnern sitzen und mehr oder weniger gefasst den nächsten Cheater im Matchmaking, in FACEIT oder in einem 99Damage-Spiel erwarten? Die Liste derer auf beiden Seiten ist unendlich lang. Counter-Strike – du hast ein Problem!

Wie oft schaut man Streamern bei Spielen zu, denen regelmäßig die Stirnadern zu platzen scheinen vor lauter Frust. Danach erfolgt die Live-Auswertung von verdächtigen Gegnern in den Demos. In den seltensten Fällen wird das "CS-Wunderkind" freigesprochen. So geht das seit dem Erscheinen von CS:GO. Es war - mal abgesehen von den Streamern - nicht anders in Counter-Strike: Source, 1.6 oder bei der Veröffentlichung des ersten Mod namens Counter-Strike. Die Zukunft sieht nach alldem nicht rosig aus.

Spiegelbild der Gesellschaft

Counter-Strike ist auf dieser Ebene durchaus ein Spiegelbild der Gesellschaft. Da gibt es die Ehrlichen auf der einen Seite und auf der anderen jene, die es nicht sind. Was das Ganze in Counter-Strike so einfach macht, ist die Anonymität des Internets.

Zumindest in den Tiefen von CS:GO lässt es sich prächtig und folgenlos Cheaten. Schlägt der VAC-Bannhammer zu, steht in wenigen Minuten der nächste Spieler-Account zur Verfügung. Freilich wird das Fahrwasser schon deutlich flacher, wenn die Spieler sich in Richtung professionelles Counter-Strike bewegen.

Aber auch im Profibereich gibt es genügend schwarze Schafe, die sich jeder Szenekundige sofort ins Gedächtnis rufen kann, weil ihre Vergehen ein ungleich größeres mediales Echo erzeugt haben. Der aktuelle Skandal erweitert die Liste um ein Vielfaches. Sollen wir damit leben?

Wir müssen damit leben. Wir sollten uns aber niemals daran gewöhnen. Es ist auch immer einfach, mit dem Finger auf Valve zu zeigen. Aber Valve erlaubt keine Cheats, Valve programmiert keine Cheats und Valve verkauft keine Cheats. Um es noch einmal klar und deutlich zu sagen: Cheats sind verboten. Wer Valve an dieser Stelle als Problem brandmarkt, betreibt eine Schuldumkehr.

Valve ist in erster Linie auch keine Cheating-Abwehrfirma, sondern der Entwickler des Spiels. Vielleicht sollten sich das viele Kritiker noch einmal vergegenwärtigen. Für Valve ist und bleibt Cheating ein großes Ärgernis - für andere aber hingegen ein lohnendes Geschäftsmodell. Ist es nicht geradezu grotesk, was Valve und die Veranstalter von Turnieren und Ligen unternehmen müssen, um das Spiel und die Wettbewerbe vor Betrügern zu schützen? Fairplay sollte unzweifelhaft der Status Quo jedes sportlichen Wettstreits sein.

Cheating-Supermarkt

Die Angebote für alle nur erdenkliche CS:GO-Cheats sind nicht verdeckt, sondern ein offenes Geschäft. Ein Klick und der Cheats-Supermarkt hat für jedermann rund um die Uhr geöffnet. "Kunden" können sich den Warenkorb so voll packen, wie sie es nur wollen. Auch das ist ein Fakt, der jedem zu denken geben sollte. Activision hat zu Beginn dieser Woche einen Anbieter verklagt, der auf seiner Webseite unter anderem Cheats für Call of Duty angeboten hatte. Die Seite ist nun offline.

Ist das der richtige Weg? Stand heute kämpfen Entwickler wie Activision und Valve auf diese Weise gegen Windmühlen. Im Kampf gegen Cheating hat Counter-Strike derzeit wie so viele andere erfolgreiche Spiele-Titel ein unlösbares strukturelles Problem. Das betrifft das Angebot von Cheats genauso wie das Ethos der zahlreichen Nutzer.

Die aktuellen Enthüllungen um den Coaching-Bug offenbaren eine der größten Schieflagen überhaupt in Counter-Strike – nämlich das fehlende Unrechtsbewusstsein auf Seiten der Cheater. Bieten sich vermeintlich unentdeckte Chancen, den Gegner zu übervorteilen, greifen viele bedenkenlos zu. Rechtfertigen lässt sich das in keiner Weise.

Dass Profis hier zu Tätern geworden sind, verletzt die Integrität von CS:GO und des E-Sport. Alle genannten Trainer sollten Vorbilder in ihrem Beruf sein. Als sportliche Leiter für ihre Spieler, als Aushängeschilder für ihre Organisationen und vor allem als Mentoren für die kommenden Profi-Generationen. Wenn durch Bug-Nutzung das falsche Ideal vorgelebt wird, nur mit unerlaubten Mitteln käme man zum Erfolg, befindet sich die Entwicklung von Counter-Strike an einem Abgrund.

Der schwedische Coach pita schrieb in seinem Bekenntnis am Freitag, dass es in dem betreffenden Spiel gegen mousesports, in dem er den Bug genutzt hatte, um nichts mehr gegangen sei, weil die Platzierungen der Teams bereits festgestanden haben. Ihm sei gesagt: Doch pita, genau in dem Spiel ging es mit deiner Art von Verhalten schlichtweg um alles!

Foto: Valve

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